Das Sozialgericht Oldenburg hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt (Gerichtsbescheid vom 27.05.2011), dass Krankengeld grundsätzlich nicht mit der Begründung eingestellt werden darf, man könne zwar seine bisherige Arbeit nicht mehr ausüben, dafür aber andere Tätigkeiten.

In dem entschiedenen Fall ging es um einen Auslieferungsfahrer einer Großwäscherei, der seine Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, insbesondere, weil die Arbeit mit dem Tragen schwerer Lasten von teilweise über 40kg verbunden war.

Die Krankenkasse hatte trotz durchgängiger Krankschreibung und Vorlage von AU-Bescheinigungen das Krankengeld des Betroffenen gestrichen und ihn zum 'Arbeitsamt' geschickt mit der Begründung, im Entlassungsbericht der Reha-Klinik sei er als "arbeitsfähig" entlassen worden. Laut Entlassungsbericht könne er zwar nicht mehr als Auslieferungsfahrer arbeiten, dafür aber andere, leichtere Tätigkeiten ausüben.

Der Betroffene ging zum Arbeitsamt, bezog nach der Krankengeldeinstellung zunächst Arbeitslosengeld, beantragte aber bei der Krankenkasse die Fortzahlung des Krankengeldes mit der Begründung, er sei nach wie vor für seine bisherige Tätigkeit als Auslieferungsfahrer arbeitsunfähig. Den Antrag auf Krankengeld-Fortzahlung wies die Krankenkasse zurück, wogegen der Betroffene schließlich klagte.

Das Sozialgericht gab dem Kläger recht und stellte klar, dass sich die Frage der Arbeitsfähigkeit beim Krankengeld nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit richtet. Eine Verweisung auf ähnliche Tätigkeiten sei nur in engen Grenzen möglich, eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ("Suchen sie sich einen anderen Job") überhaupt nicht. Da der Kläger in diesem Sinne durchgängig arbeitsunfähig gewesen sei und auch die erforderlichen AU-Bescheinigungen immer fristgerecht vorgelegt habe, müsse die Krankenkasse Krankengeld nachzahlen.

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Die Gerichtsentscheidung zeigt, wie wichtig es sein kann, eine Einstellung des Krankengeldes rechtlich überprüfen zu lassen und trotz Zahlungseinstellung gleichzeitig weiterhin wie bisher zum Arzt zu gehen und AU-Bescheinigungen an die Krankenkasse zu senden. Weiter ist es wichtig, sich sofort bei der Arbeitsagentur arbeitslos zu melden und dort anzugeben, "Ich will arbeiten, soweit ich kann". Ggf. zu Unrecht vorenthaltenes Krankengeld kann nachträglich eingeklagt werden. Erklärt man gegenüber der Bundesagentur, absolut (d.h. für jedwede Arbeit) arbeitsunfähig zu sein, wird schnell das Arbeitslosengeld abgelehnt mit der Begründung, man stünde dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Hüten Sie sich hier vor rechtlichen Stolperfallen.

Was Sie im Einzelnen tun können, ist auch in diesem Artikel beschrieben.

Wenn Sie Fragen zum Thema Krankengeld haben, melden Sie sich gerne.


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Veröffentlicht am

21.06.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

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