Das Bundessozialgericht hat bereits 2010 entschieden, dass ein privates Darlehen, bei dem eine Rückzahlungspflicht konkret vereinbart wurde, bei der Berechnung des Arbeitslosengeld 2 nicht als Einkommen berücksichtigt werden darf.

Die Klägerin erhielt seit März 2006 bis zum März 2007 Arbeitslosengeld 2 von der Beklagten. Im Februar 2007 stellte die Beklagte, aufgrund der Überprüfung der Kontoauszüge einen Zahlungseingang am 19.12.2006 von ihrem Onkel in Höhe von 1500 Euro fest. Auf Rückfrage legte die Klägerin dazu ein an sie gerichtetes, undatiertes Schreiben mit folgendem Inhalt vor:

"Liebe J, am 19. Dezember 2006 habe ich Dir 1500 € als Darlehen auf Dein Konto überwiesen. Wir haben vereinbart, dass Du mir den Betrag am 01.07.2007 zurückzahlst. Beste Grüße. Dein Onkel J".

Daraufhin hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 10.8.2006 für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 28.2.2007 teilweise in Höhe von 1410 € auf. Die Klägerin habe nach Erlass des Bescheides Einkommen erzielt, das zur Minderung des Anspruchs geführt habe.

Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht Dortmund begründete die Klägerin wie bereits den Widerspruch damit, es sei ihr von ihrem Onkel ein Darlehen gewährt worden, um (von ihr im Einzelnen belegte) Ausgaben zu tätigen, die sie nicht aus dem Regelsatz habe bestreiten können. Ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehenssumme sei sie am 17.7.2007 durch Überweisung des Betrages in voller Höhe nachgekommen. Die Klage wurde abgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin hin hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen das Urteil des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide aufgehoben, mit der Begründung, dass die von ihrem Onkel überwiesene Summe nicht als einmalige Einnahme bedarfsmindernd zu berücksichtigen gewesen sei, da es sich zur Überzeugung des Senats nicht um eine Schenkung, sondern ein Darlehen gehandelt habe. Die Beklagte rügte mit ihrer Revision vor dem Bundessozialgericht eine Verletzung des § 11 Sozialgesetzbuch 2. Zwar spreche einiges für die vom Landessozialgericht vertretene Auffassung, dass Darlehen, die mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet seien, nicht als Einkommen angesehen werden könnten. Dies könne jedoch nur für solche Darlehenssummen gelten, die noch im laufenden Bewilligungsabschnitt zurückzuzahlen seien

Das Bundessozialgericht folgte am 17.06.2010 der Ansicht des Landessozialgerichts und wies die Revision zurück. Bei der nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Darlehenssumme handele es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen.

Nur der "wertmäßige Zuwachs" stelle Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 2 dar. Dieser Zuwachs müsse dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann ließe er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stelle damit kein Einkommen dar, da es nur vorübergehend zur Verfügung stehen würde.

Eine Differenzierung könne auch nicht danach erfolgen, ob die vereinbarte Verpflichtung zur Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fiele, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen sei.

Entscheidend für die Abgrenzung sei allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden sei. Dabei obliege dem Hilfsbedürftigen eine Mitwirkungspflicht zur Aufklärung der erforderlichen Tatsachen. Die Nichterweislichkeit der Tatsachen gehe zu seinen Lasten Als Indiz, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden sei, könne die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten gewertet werden. Demgegenüber spräche es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt werde oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden könne.

170610


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Veröffentlicht am

22.04.2015

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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