Das Sozialgericht Gießen hat in einer aktuellen und sehr beachtenswerten Entscheidung die Rechte von Partnerinnen und Partnern einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gestärkt. Der Träger der Rentenversicherung hätte zeitnah nach Inkrafttreten des Gesetzes, nach dem ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente auch für Hinterbliebene einer eingetragenen Lebenspartnerschaft besteht, hierüber informieren müssen. Hat er dies nicht, werden (teilweise erhebliche) Nachzahlung für die Vergangenheit fällig.
Die Klägerin lebte in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Als ihre Lebenspartnerin im Juni 2003 starb, stellte sie im Juli 2003 bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Witwenrente. Diesen Antrag lehnte der Träger der Rentenversicherung - zu Recht - ab, da zu diesem Zeitpunkt eine Gesetzesgrundlage hierfür nicht bestand. Nachdem zum 01.01.2005 sodann das "Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts" in Kraft trat und darin eine entsprechende Berücksichtigung von homosexuellen Paaren einer eingetragenen Lebenspartnerschaft stattfand, stellte sie nicht umgehend, jedoch im Juni 2009 einen Antrag auf Zahlung von Witwenrente für den Zeitraum bereits ab Inkrafttreten der genannten Vorschrift. Diesen lehnte der Träger der Rentenversicherung ab und zahlte lediglich ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Hiergegen richteten sich der erfolglose Widerspruch sowie die Klage der Klägerin, die ausführte, dem Träger der Rentenversicherung hätte eine Informationspflicht für bekannte Altfälle obliegen, der er nicht nachgekommen sei.
Das Sozialgericht Gießen gab der Klage statt und schloss sich umfassend der Auffassung der Klägerin an.
Das Gericht legte dar, dass der Träger der Rentenversicherung zeitnah nach dem 01.01.2005 hätte darüber informieren müssen, dass ein Anspruch auf eine Witwenrente bestehe. Die Pflicht ergebe sich aus § 115 Absatz 6 Sozialgesetzbuch 6. Danach solle ein Träger der Rentenversicherung die Berechtigte in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten könnten, wenn sie diese beantragten. Die Norm habe den Sinn und Zweck, nicht ausreichend informierte Versicherte vor Nachteilen zu schützen, die sich dem Antragsprinzip ergeben. Es handele sich bei eingetragenen Lebenspartnerschaften, die der Rentenversicherung bekannt sind, um eine überschaubare Gruppe. Somit sei es dem Träger der Rentenversicherung auch zumutbar gewesen, entsprechend informativ tätig zu werden. Ihm seien schließlich aus dem vorherigen Verfahren alle relevanten Daten bekannt gewesen, er hätte sie nur abrufen brauchen, um sie im entsprechenden Kontext zu verwerten.
Dass seinerzeit auch öffentlichkeitswirksam durch die darüber berichtenden Medien Informationen hätten die Klägerin erreichen können, spiele vor dem Hintergrund der gesetzlichen Pflicht keine Rolle mehr. Es ist Pflicht des Rentenversicherungsträger, in derartigen Fällen tätig zu werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Kommentar: Das Urteil ist zu begrüßen. Es steht zu erwarten, dass es gerichtlich auch im Rahmen einer möglichen Berufung oder Revision bestätigt wird. Kontaktieren Sie mich in Ihrem Fall gerne, um Ihre Ansprüche durchzusetzen. Vielfach ist die Rentenversicherung - auch aufgrund der noch nicht eingetretenen Rechtskraft des genannten Urteils - nicht bereit, die Ansprüche anzuerkennen. Für diesen Fall sollte die Erhebung einer Klage geprüft werden.
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Veröffentlicht am
22.07.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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08.05.2015, 09:25 Uhr
Hallo - habe ich Anspruch auf Witwenrente einer eingetragenen Partnerschaft , wenn ich schon Witwenrente meines verstorbenen Mannes beziehe ? Besten Dank im voraus .