Das Thüringer Landessozialgericht hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen die Versorgung mit einem Hörgerät im einstweiligen Rechtsschutz möglich ist. Hierzu bedarf es einer hinreichenden Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund.

Der Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Beschwerdegegnerin, seiner gesetzlichen Krankenversicherung, die Versorgung mit dem Mittelohrimplantat "Vibrant Soundbridge"-System auf dem linken Ohr mit sogenannter Ankopplung an das runde Fenster. Er leidet an einer Perzeptionsschwerhörigkeit rechts und hochgradig kombinierter Schwerhörigkeit links. Im Jahr 2011 wurde am linken Ohr eine sogenannte Attikotympanoplastik als Versuch der Hörverbesserung durchgeführt, durch welche ein merklicher Hörgewinn jedoch nicht erzielt werden konnte. Das linke Ohr konnte vielmehr funktionell nicht mehr für das Hören genutzt werden. Hinsichtlich der Versorgung mit einem neuen Hörgerät lag ein Gutachten seines Facharztes vor, nach dem die Versorgung mit einem Luftleitungshörgerät aufgrund der hohen Gesamtschwerhörigkeit und der geringen Versteifungsbreite nicht in Frage kam. Nur bei Aufhebung der Schallleitungskomponente war die Chance einer Nutzung des Ohres für die Kommunikation gegeben. Für den Beschwerdeführer war die Versorgung mit einem "Vibrant Soundbridge" mit Ankopplung an das runde Fenster die vernünftigste Form der Hörgeräteversorgung. Diese wurde entsprechen verordnet. Es fielen hierfür Kosten von ca. 12.000,00 € an.

Die Kostenübernahme begehrte der Beschwerdeführer im einstweiligen Rechtsschutz zunächst vor dem Sozialgericht, sodann vor dem Landessozialgericht. Hierbei unterlag er letztlich. Es lassen sich aus der Entscheidung aber wesentliche Erkenntnisse gewinnen, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Aussicht auf ein entsprechendes Obsiegen besteht. Die vom Gericht dargelegten Voraussetzungen sollen im Folgenden dargestellt werden, um sie für Betroffene nutzbar zu machen.

Ein Anordnungsantrag, so das Gericht, sei begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung oder im Wege der Amtsermittlung einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen könne. Ein Anordnungsanspruch liege vor, wenn das im Hauptsacheverfahren streitige materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben sei. Ein Anordnungsgrund sei zu bejahen, wenn es für den Beschwerdeführer unzumutbar erscheine, auf den rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden. Sei die Klage offensichtlich zulässig und begründet, würden sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund vermindern, ohne dass auf ihn aber verzichtet werden könnte. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei eine umfassende Interessenabwägung erforderlich, wobei die Intensität einer drohenden Verletzung von Grundrechten, die wirtschaftlichen Verhältnisse, unbillige Härten und die Mitverantwortung des Antragstellers einzubeziehen seien.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei der Ausgang des hier entschiedenen Verfahrens völlig offen. Deshalb sei eine umfassende Interessenabwägung notwendig, die hier zur Ablehnung des Anordnungsgrundes führe. Hierbei komme es vor allem darauf an, ob es dem Beschwerdeführer zumutbar sei, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Denn, so viel sei klar, das Gericht könne abschließend den Fall nicht würdigen. Hier sei es dem Beschwerdeführer zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Dies folge insbesondere daraus, dass bei ihm ausweislich der Anpassungsberichte bei Verwendung von konventionellen Hörgeräten ein sehr hohes Maß an Sprachverstehen erreicht werden kann. Es sei ihm deshalb nicht versagt, am Leben in der Gemeinschaft aktiv teilzunehmen. Vielmehr könne die Schwerhörigkeit abgemildert werden. Darüber hinaus sei es dem Kläger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse notwendigenfalls auch zuzumuten, selbst in Vorleistung zu treten. Andernfalls müsse er eben das Hauptsacheverfahren abwarten. Dies stelle keine unzumutbare Härte dar. Die Dauer eines Prozesses könne zwar belastend lang sein, dies müsse aber hingenommen werden, um eine entsprechende Prüfung zu gewährleisten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine Möglichkeit der Versorgung im einstweiligen Rechtsschutz immer dann naheliegend ist, wenn der Kläger aufgrund erheblicher Probleme andernfalls gehindert würde, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen oder andere, behinderungsbedingte Aspekte auftreten, die eine sehr schnelle Versorgung notwendig machen. Kontaktieren Sie mich gerne bei Fragen zu Ihrem Fall, damit wir gemeinsam erörtern können, wie Sie am besten und am schnellsten Ihre Ansprüche realisieren können.

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Veröffentlicht am

17.09.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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