Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein Bedürfnisanstaltsreiniger, der insbesondere Toiletten reinigt, einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist. Im vorliegenden Verfahren wurde daher eine Berufskrankheit nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festgestellt.
Der Kläger war seit über 30 Jahren in einer Reinigungsfirma beschäftigt. Zunächst wurde er als Handreiniger eingesetzt, aufgrund anhaltender orthopädischer Beschwerden arbeitete er jedoch ab 1987 im Zwei-Schicht-System als Bedürfnisanstaltsreiniger und war überwiegend mit der Reinigung von Toiletten beauftragt. Im März 1997 machte er nach eigenen Angaben ein Seminar zur Graffiti-Entfernung und wurde dann laut Inhalt der betriebsärztlichen Akte ab Juni 1997 zu 25% als Graffitientferner und im Übrigen als Reiniger auf der Autobahn eingesetzt.
Er erlitt vor einigen Jahren eine Kanülstichverletzung, als er dabei war, den Unrat einer Toilette - nur mit Handschuhen geschützt - zu entsorgen. Hiermit begab er sich in sofortige medizinische Behandlung. Er erhielt Immunglobulin, u. a. eine Ampulle Hepatect R (10 ml) intravenös. Außerdem wurde ein HIV-Test gemacht. In der Folgezeit führte die behandelnde Ärztin bei dem Kläger eine Hepatitis-B-Immunisierung mit dem Präparat Engerix-B durch. Der Kläger erhielt nach eigenen Angaben insgesamt drei Injektionen.
Wenige Jahre später wurde beim Kläger dennoch eine Hepatitis-B-Infektion nachgewiesen. Im Nachgang eingeholte ärztliche Gutachten belegten jedoch wiederholt, dass ein Zusammenhang mit der angezeigten und behandelten Kanülstichverletzung sehr unwahrscheinlich sei. Im Klageverfahren war nun die Frage zu klären, ob dennoch aus der gefahrgeneigten Tätigkeit des Klägers auf eine Berufskrankheit zu schließen sein kann.
Nach den allgemeinen Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung muss die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben. Im vorliegenden Fall war insoweit zu klären, ob die Tätigkeit als Bedürfnisanstaltsreiniger grundsätzlich dazu führen kann, dass es zu entsprechenden Infektionskrankheiten kommt. In einem weiteren Schritt musste dann der Frage nachgegangen werden, ob auch die konkreten Tätigkeiten des Klägers insoweit infektionsgefährdend waren.
Beides hat das Landessozialgericht bejaht und eine Berufskrankheit nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Infektionskrankheiten - festgestellt. Dabei war von entscheidender Bedetung, dass der Kläger vielfach auch in Bereichen tätig war, die von Drogenabhängigen frequentiert waren, wodurch sich nach Aussagen des Gerichts eine erhöhte Gefährlichkeit ergibt.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.09.2011.
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Veröffentlicht am
20.02.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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