Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte in einem aktuellen Verfahren darüber zu entscheiden, welche Ansprüche einem Vetriebsleiter gegen die gesetzliche Unfallversicherung zustehen, nachdem dieser während einer Geschäftsbesprechung einen Schlaganfall erlitten hatte. Es ging dabei vorwiegend um die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorlag.
Der 1949 geborene Kläger nahm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Vertriebsleiter einer privaten GmbH an einer Besprechung teil, bei der der Produktionsleiter sowie die beiden Geschäftsführer ebenso anwesend waren. Während dieser Besprechung ging es um die Akquise eines Neukunden, für welche der Kläger kritisiert und auf seine Sorgfaltspflichten hingewiesen wurde. Er war dadurch erheblichen psychischen Stress ausgesetzt. Nachdem er bereits den Raum verlassen hatte, wurde er von der Geschäftsleitung zurückgerufen und das Gespräch im bisherigen Kontext wieder aufgenommen. Nach kurzer Zeit erlitt er während dieses Gespräches einen Schlaganfall. Er überlebte aufgrund sofort eingeleiteter notfallmedizinischer Versorgung, ist jedoch seit diesem Tag schwerpflegebedürftig. Zudem sind ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie im Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen G, aG und B zuerkannt.
Die Frau des Klägers zeigte zeitnah das Ereignis als Arbeitsunfall an und begehrte im Namen ihres Mannes Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Diesen Antrag lehnt die zuständige Berufsgenossenschaft ab. Es liege kein versicherter Arbeitsunfall vor. Hiergegen richteten sich die Rechtsbehelfe des Klägers, schließlich vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg.
Das Gericht hat die Klage im Ergebnis abgewiesen und die Feststellung eines Arbeitsunfalls verneint.
Für die Feststellung eines Arbeitsunfalls sei, so das Gericht, nach gefestigter Rechtsprechung erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis als einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkendem Ereignis geführt habe (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht habe (haftungsbegründende Kausalität). Erforderlich sei überdies für die Feststellung von Unfallfolgen, dass längerandauernde Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens entstanden seien (haftungsausfüllende Kausalität).
Das Gericht ging hier davon aus, dass es am haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zwischen den mit von der Geschäftsbesprechung ausgehenden psychischen Einwirkungen und dem dabei erlittenen Schlaganfall fehle. Diese Annahme stütze das Gericht vorwiegend auf umfangreiche gutachterliche Stellungnahmen, die ergaben, dass der Kläger einen Territorialinfarkt, also einen akuten Verschluss eines größeren hirnversorgenden Gefäßes (Arteria cerebri media) erlitten hatte. Nach Aussage der Sachverständigen gab es jedoch keine medizinischen Erkenntnisse, dass ein solcher Verschluss einer großen Hirnarterie durch Stress hervorgerufen werden kann. Bekannt sei, dass eine stressbedingte Blutdruckerhöhung zwar zu Hirnblutungen und Schlaganfällen kleinerer Hirngefäße führen könnten, aber nicht zu Verschlüssen dieser großen Blutgefäße. Die Klage wurde daher in diesem konkreten Fall abgewiesen.
Hinweis:
Die Folgen eines derartig schlimmen Vorfalls sind oft schon belastend genug. Dennoch lohnt es sich, entsprechende Fälle rechtlich prüfen zu lassen. Andere Arten von Schlaganfällen oder Herzinfarkten können als Folgen psychischen Stresses durchaus Ansprüche auf Unfallversicherungsleistungen begründen. Kontaktieren Sie mich bei Fragen hierzul gerne.
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Veröffentlicht am
15.10.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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