Das ZDF-Nachrichtenmagazin Frontal 21 hat unlängst darüber berichtet: Immer häufiger verweigern Krankenkassen zur Kosteneinsparung beantragte Mutter-Kind-Kuren. Wie Sie sich mit anwaltlicher Hilfe dagegen wehren können, erfahren Sie hier.
Der Anspruch auf eine Mutter-Kind-Kur ist in § 24 Sozialgesetzbuch 5 (Recht der gesetzlichen Krankenversicherung) geregelt. Danach haben Versicherte (also Mütter oder Väter) einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf "aus medizinischen Gründen erforderliche Vorsorgeleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung; die Leistung kann in Form einer Mutter-Kind-Maßnahme erbracht werden."
Dem Gesetz ist demnach zu entnehmen, dass die Kassen gesetzlich verpflichtet sind, eine Mutter-Kind-Kur (oder Vater-Kind-Kur) zu bewilligen, wenn dies medizinisch erforderlich ist. Die medizinische Erforderlichkeit kann in der Regel der behandelnde Arzt bescheinigen. Lehnt trotz ärztlicher Befürwortung die Krankenkasse eine entsprechende Kur ab, kann gegen die Ablehnung der Krankenkasse Widerspruch und ggf. gegen einen ablehnenden Widerspruchsbescheid Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden.
Im Widerspruchs- oder Klageverfahren können Sie sich durch einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin vertreten lassen. Wird das Widerspruchs- oder Klageverfahren gewonnen, erfolgt eine Anwaltskostenerstattung durch die Krankenkasse. Wichtig ist auch zu wissen, dass für Sozialversicherte vor dem Sozialgericht grundsätzlich keine Gerichtskosten anfallen (§ 183 Sozialgerichtsgesetz), selbst wenn ein Klageverfahren verloren geht. Es sind auch keine gegnerischen Anwaltskosten zu erstatten (Krankenkassen vertreten sich selbst).
Falls Sie anwaltliche Unterstützung bei der Durchsetzung einer Mutter-Kind-Kur benötigen, kontaktieren Sie mich gerne.
Vertiefender Hinweis: Oftmals versenden die Krankenkassen nicht-förmliche Ablehnungsschreiben, d.h. Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Diesen Schreiben fehlt der nach § 36 Sozialgesetzbuch vorgeschriebene Hinweis: "Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats ... Widerspruch erheben". Mein Tipp: Fordern Sie die Krankenkasse gleich im Antragsschreiben auf, "einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erlassen". Falls Sie dennoch ein nicht-förmliches Ablehnungsschreiben erhalten, beginnen Sie keinen zeitraubenden und nervenaufreibenden Schriftwechsel mit der Krankenkasse, sondern antworten Sie: "Hiermit erhebe ich Widerspruch gegen Ihren Ablehnungsbescheid vom ...". Die Krankenkassen haben laut Gesetz 3 Monate Zeit, einen Widerspruch zu bescheiden. Falls Ihr Gesundheitszustand so schlecht ist, dass Sie sich auf eine mehrmonatige Auseinandersetzung nicht einlassen können, kommt ein sozialgerichtliches Eilverfahren in Betracht. Dieses dauert ca. 1 Monat.
Bedenken Sie: Die Krankenkassen sparen besonders bei Versicherten, die sich nicht wehren.
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Veröffentlicht am
10.05.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
02.04.2013, 15:22 Uhr
Nachtrag: Nach den Umsetzungsempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes, der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und des MDS ist bei der Auswahl der Rehabilitationseinrichtung/Klinik auch das sog. "Wunsch- und Wahlrecht" der Versicherten zu beachten. Insbesondere, wenn bei Ihnen oder Ihren Kindern medizinische Gründe für die Auswahl einer bestimmten (Vertrags-) Klinik vorliegen (Ärztliches Attest!), können Sie darauf pochen, in die Wunsch-Klinik aufgenommen zu werden. Für behinderte Eltern bzw. Kinder ist das Wunsch- und Wahlrecht in § 9 SGB IX speziell geregelt. "Behindert" in diesem Sinne ist juristisch übrigens schon derjenige, dessen "körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand" abweicht, einen Schwerbehindertenausweis o.Ä. benötigt man hierzu nicht.
07.11.2016, 11:56 Uhr
Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, dass ein Antrag auf eine Mutter-Kind-Kur, bzw. Vater-Kind-Kur von Gesetzes wegen als genehmigt gilt, wenn die Krankenkasse bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die gesetzlich vorgeschriebene Entscheidungsfrist von 5 Wochen nicht einhält.
In dem entschiedenen Fall ging der Antrag einer Versicherten auf Genehmigung einer Mutter-Kind-Kur am Freitag, den 01.03.2013 bei der beklagten Krankenkasse ein. Da die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse einholte, hätte sie spätestens Freitag, den 05.04.2013 über den Antrag entscheiden müssen. Da sie ihre Ablehnung aber erst am 08.04.2013 erteilte, galt der Antrag 'automatisch' als genehmigt, so dass das Gericht die Krankenkasse zur Kostenübernahme verurteilte. 201115
07.11.2016, 12:24 Uhr
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass Bei Mutter- bzw. Vater-Kind-Maßnahmen die für Rehabilitationsleistungen ansonsten geltende Grundregel, wonach ambulante Leistungen ausgeschöpft sein müssen, bzw. einer stationären Leistung vorgehen ("Ambulant vor Stationär"), unter Berücksichtigung der eindeutigen Gesetzesbegründung keine Anwendung findet.
30412
27.01.2020, 12:41 Uhr
Der 1. Senat des Landessozialgerichts Hamburg hat aktuell in einem von mir begleiteten Beschwerdeverfahren eine Krankenkasse im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, eine Mutter-Kind-Maßnahme für meine Mandantin und ihre Kinder zu gewähren. Diese Entscheidung ist rechtlich insbesondere für den sogenannten Anordnungsgrund (dazu siehe letzter Teil des Zitats) von Bedeutung. Nachfolgend der auszugsweise Wortlaut des Beschlusses: