Das Hessische Landessozialgericht hat in einem aktuellen Urteil (28.04.2011) entschieden, dass Versicherte gegen die Krankenkasse einen Kostenerstattungsanspruch haben können, wenn sie der behandelnde Arzt in dem Glauben lässt, die Behandlung würde von der Krankenkasse bezahlt.

In dem entschiedenen Fall ging es um die Behandlung einer Krebserkrankung, bei der sich Lebermetastasen gebildet hatten. Die Versicherte ließ sich nach Überweisung ihres Kassenarztes von einem renommierten Medizin-Professor behandeln (sog. Chemoperfusion) und beglich darauf private Arztrechnungen i.H.v. insgesamt 18.573,51 €.

Das Gericht entschied, dass die Krankenkasse die Arztrechnung im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 5 zu erstatten hat. Der behandelnde Arzt habe die Versicherte nicht korrekt darüber aufgeklärt, dass die von ihm erbrachte Behandlungsleistung nach dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse eigentlich nicht übernommen wird (Kassenleistung wäre die Chemoembolisation gewesen, nicht die Chemoperfusion). Die Versicherte nahm deshalb und wegen der von ihrem Hausarzt ausgestellten Überweisung irrtümlich an, die Behandlungskosten würden von ihrer Krankenkasse getragen. In der unzureichenden Aufklärung durch den Arzt sah das Gericht ein sog. "Systemversagen", dass einen Kostenerstattungsanspruch auslöse, d.h. die Krankenkasse musste der Versicherten schließlich den Gesamtbetrag von 18.573,51 € erstatten.

Das Gericht stellte weiter klar, dass der Kostenerstattungsanspruch auch nicht deswegen wegfällt, weil die lebensbedrohlich erkrankte Versicherte einen privaten Behandlungsvertrag mit dem Arzt unterschrieben hatte. Der Spezialist hatte der Versicherten nämlich erklärt, er könne sie nur behandeln, wenn sie den Behandlungsvertrag unterzeichne. In einem solchen Fall, so das Gericht, könne der Versicherte von der Krankenkasse trotz der Unwirksamkeit des Behandlungsvertrages nicht darauf verwiesen werden, bereits gezahltes Honorar vom Arzt zurück zu fordern. Der Versicherte habe in diesem Fall einen direkten Kostenerstattungsanspruch gegen die Krankenkasse.


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Veröffentlicht am

06.06.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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