Das Sozialgericht Freiburg im Breisgau hat dargelegt, dass eine Schenkung auch dann zurückgefordert werden kann, wenn die 10-Jahres-Frist des § 529 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgelaufen ist: nämlich dann, wenn der Schenker sich ein lebenslanges Recht zum Nießbrauch vorbehalten hat.
Der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe, nach dem zunächst alle vorrangigen Einkommens- und Vermögensquellen ausgeschöpft sein müssen, bis die Sozialhilfe für den Betroffenen eingreift, hat zur Folge, dass der potentielle Leistungsempfänger auch von ihm durchgeführte Schenkungen ggf. zurückfordern muss. Dies ist in § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorgesehen, jedoch nur, falls kein Ausschlusstatbestand des § 529 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingreift.
Vor allem ist eine Schenkungsrückforderung hiernach 10 Jahre nach der Schenkung nicht mehr möglich. Im hier zugrundeliegenden Fall lag die Schenkung bereits weit mehr als 10 Jahre zurück, sodass eigentlich eine Rückforderung ausgeschlossen war. Das Gericht hat aber nun in Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu § 2325 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entschieden, dass die Frist dann nicht zu laufen beginnt, wenn sich der Schenker den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehält, er also zur Fruchtziehung berechtigt bleibt. Daraus folgert das Gericht, dass die Schenkleistung noch gar nicht als vollzogen angesehen werden kann. Denn zur Verhinderung von Missbrauch müsse der Schenker einen spürbaren Vermögensverlust erleiden, dessen Folgen er selbst noch 10 Jahre zu tragen hat. Durch die Belastung mit einem lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch habe die Schenkerin alle Vorteile des Grundstücks selbst weiter ziehen können und somit ihr Geschenk nie tatsächlich an die Beschenkte geleistet. Insoweit werde lediglich der Nachteil, nicht weiter dort wohnen zu können, auf die Sozialhilfe abgewälzt. Dies sei unbillig, da insbesondere auch der Staat als Träger der Sozialhilfe nicht derart belastet werden dürfe.
Im vorliegenden Fall hatte dies zur Folge, dass die mittlerweile 93-jährige Klägerin vorrangig vor der Gewährung von Sozialhilfe einen Rückforderungsanspruch gegen ihre eigene Tochter hätte geltend machen müssen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Sozialgericht Freiburg im Breisgau, Urteil vom 27.07.2011.
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
07.10.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.