Das Bundessozialgericht hatte schon vor einiger Zeit darüber zu entscheiden, ob ein Anspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung aufgrund eines Arbeitsunfalls besteht, wenn man ungefragt für seine Nachbarin oder seinen Nachbarn das Wegräumen des Schnees vor dem gemeinsam bewohnten Mietshaus übernimmt.
Eine Betrachtung aus aktuellem Anlass:
Die Klägerin bewohnte in einem Mietshaus mit insgesamt drei Parteien die Erdgeschosswohnung. Nach dem Mietvertrag und den ergänzenden Bestimmungen der Hausordnung waren die Mieter im wöchentlichen Wechsel verpflichtet, Schnee und Eis vom Bürgersteig, dem Hauseingang und der Hauseingangstreppe sowie durch Schnee oder Eis entstandene Glätte durch Aufstreuen von Sand, Salz oder anderen geeigneten Mitteln zu beseitigen. An einem sehr verscneiten Wintertag, wie er auch dieses Jahr häufig vorkam, als eigentlich die Mieterin der Dachgeschosswohnung für den Räum- und Streudienst zuständig war, stürzte die Klägerin gegen 10.00 Uhr beim Schneeräumen und zog sich einen Bruch des linken Unterarms mit Gelenkbeteiligung zu. Die Klägerin war zuvor von ihrer Nachbarin aufgefordert worden, sie anzurufen, wenn es schneie; sie war jedoch nicht gebeten worden, für diese die Schneeräumpflicht zu übernehmen.
Während die Instanzgerichte den Fall anders beurteilten, kam das Bundessozialgericht hier zu dem Ergebnis, dass kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe.
Es liege keine sogenannte "Wie-Beschäftigung" vor. Darunter werden solche Fälle gefasst, in denen die Klägerin wie eine Versicherte" tätig gewesen ist. Auch solche genießen Versicherungsschutz. Hier könne davon aber nicht ausgegangen werden, da hierfür der zumindest mutmaßliche Wille der Nachbarin entscheidend sei, dass die Klägerin für diese tätig wird. Darüber hinaus komme auch kein Versicherungsschutz als sogenannte Nothelferin nach § 2 Absatz 1 Nr. 13 a) Sozialgesetzbuch 7 in Betracht. Nach der genannten Vorschrift seien Personen versichert, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisteten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retteten. Da im vorliegenden Fall kein Unglücksfall eingetreten sei und sich keine konkrete Person in einer Gefahrenlage befunden habe, käme eine Versicherung nur unter dem Aspekt der Hilfeleistung bei gemeiner Gefahr in Betracht. Darunter sei ein Zustand zu verstehen, bei dem wegen einer ungewöhnlichen Gefahrenlage ohne sofortiges Eingreifen eine erhebliche Schädigung von Personen oder bedeutenden Sachwerten unmittelbar drohe. Das müsse hier jedoch, wozu das Gericht weitergehende Ausführungen macht, die im Ergebnis nicht von entsprechendem Belang sind, verneint werden.
Ohne hier genauer auf die verschiedenen Tatbestände eingehen zu wollen, sei an dieser Stelle angemerkt, dass sich eine starre Lösung hier verbietet. Entgegen der Handhabung vieler Berufsgenossenschaften, die immer wieder auf dieses Urteil zurückgreifen, um Ansprüche abzulehnen, ist es tatsächlich so, dass jeder Einzelfall anders zu beurteilen sein kann. Da die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung auf Anhieb nicht einfach zu durchblicken ist, lohnt sich in der Regel eine genaue Betrachtung der Umstände des jeweiligen Unfalls. Dies gilt umso mehr, als Ansprüche häufig zunächst abgelehnt werden. So kann beispielsweise ohne die Kenntnis der genauen Umstände nicht beurteilt werden, ob der Verunfallte ggf. ein sog. Wie-Beschäftigter ist oder ein Nothelfer. Beides würde dazu führen, dass Versicherungsschutz besteht.
Sollten Sie daher einen derartigen Unfall erlitten haben, kontaktieren Sie mich gerne.
Foto: © Kathrin39 - Fotolia.com 13905
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
26.03.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.