Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in Anlehnung an die Rechtsprechung anderer Landessozialgerichte klargestellt, dass auch eine psychische Behinderung den im Schwerbehindertenrecht vorgesehen Nachteilsausgleich einer Befreiung von den Rundfunkgebühren (Merkzeichen "RF") rechtfertigen kann.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiung von den Rundfunkgebühren und die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" im jeweiligen Schwerbehindertenausweis ist für den privaten Bereich in § 6 Rundfunkstaatsvertrag geregelt. Dieser sieht vor, dass Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 60 allein wegen der Sehbehinderung, hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfe nicht möglich ist sowie andere behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können, einen solche Befreiung zugesprochen bekommen.

Im streitigen Verfahren ging es um einen Mann, bei dem ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt wurde, welche überwiegend auf einer psychischen Behinderung beruht. Er begehrte die Anerkennung des Merkzeichens "RF" in seinem Schwerbehindertenausweis und machte geltend, dass es ihm aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung nicht möglich sei, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren. Insbesondere wenn mehrere Menschen interagierten, führe dies bei ihm zu gravierenden Kopfschmerzen. Dadurch sei es ihm nicht möglich, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.

Auch wenn das Gericht vorliegend aufgrund mehrerer medizinischer Gutachten zu dem Ergebnis gekommen ist, dass eine hinreichende Einschränkung der Teilnahmemöglichkeiten nicht vorliegt, so hat es dennoch klargestellt, dass auch geistig-seelische Teilnahmehindernisse die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "RF" erfüllen können. Diese müssten zwar unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts restriktiv ausgelegt werden. Gleichwohl ist bei erheblichen psychischen Erkrankungen eine Befreiung denkbar. Dies gelte insbesondere dann, wenn das Haus gerade aufgrund der psychischen Erkrankung dauerhaft nicht mehr verlassen werden kann.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.09.2010.


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Veröffentlicht am

02.01.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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