Das Landgericht Köln hat entschieden, dass bei Restkredit-Arbeitsunfähigkeits-Zusatzversicherungen vertragliche Leistungsausschlüsse für den Fall psychischer Erkrankungen nur solche Arbeitsunfähigkeiten umfassen, die ausschließlich auf psychischen Ursachen beruhen. Ist eine Depression nur eine Nebenwirkung der Behandlung einer anderen Erkrankung, greift der Leistungsausschluss nicht.
Private Restkreditversicherung werden von vielen Versicherern angeboten und in der vergangenen Zeit immer häufiger abgeschlossen. Sie dienen dazu, eine bestehende Kreditvereinbarung auch dann tilgen zu können, wenn Arbeitsunfähigkeit eintritt und damit möglicherweise die Grundlage für eine solche Rückzahlung, nämlich das Erwerbseinkommen, wegfällt. In solchen Fällen übernimmt die Versicherung die zu tilgende Kreditlast.
Eine solche Versicherung hat auch die Klägerin des hier zugrunde liegenden Verfahrens abgeschlossen. Sie ist gelernte Krankenschwester und arbeitet als Bezugsbetreuerin bei einem Sozialwerk im Rahmen der Betreuung psychisch, körperlich und geistig behinderter Bewohner. Im April 2007 erkrankte sie an Krebs. Die Erkrankung bewirkte eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin, wegen derer die Beklagte für den Zeitraum von April 2007 bis September 2007 Versicherungsleistungen erbrachte. Im Anschluss bewirkte die medikamentöse Behandlung der Krebsgrunderkrankung mit Tamoxifen (R) bei ihr ein ständiges Erschöpfungsgefühl, Herzrasen, Gelenk- und Gliederschmerzen, allgemeine Schwäche und Schwindelgefühl, innere Unruhe, Wirbelsäulenbeschwerden, gestörten Schlaf sowie ein Gefühl allgemeiner Anspannung. Hieraus entwickelte sich eine ärztlich anerkannte Depression und ein entsprechendes Erschlöpfungssyndrom.
Nach einer Klausel im Vertrag war die Versicherungsleistung jedoch für den Fall ausgeschlossen, dass eine psychische Erkrankung die Ursache für die Arbeitsunfähigkeit bildet. Insoweit hat der Versicherer die Leistung verweigert, wogegen sich die Klage der Klägerin richtete. Der Klägerin wurde vom Landgericht der Anspruch auf die Versicherungsleistung vollumfänglich zugesprochen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die beschriebene depressive Symptomatik in einem ursächlichen Zusammenhang mit der medikamentösen Krebsbehandlung stehe. In der Fachinformation von Tamoxifen (R) fänden sich häufige bis sehr häufige Nebenwirkungen im Sinne von Benommenheit, Erschöpfung und Schlaflosigkeit, die symptomatisch dem depressiven Formenkreis zuzuordnen seien. Insoweit ist von einer Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 BGB auszugehen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Landgericht Köln, Urteil vom 16.02.2011.
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Veröffentlicht am
21.11.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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