Das Sozialgericht Karlsruhe hat in einer aktuellen Entscheidung dargelegt, dass ein Strahlenschutzwerker aufgrund seiner beruflichen Qualifikation als Facharbeiter anzusehen ist. Unter Anwendung des Mehrstufenmodells des Bundessozialgerichts ist ihm deshalb bei entsprechender Berufsunfähigkeit eine Verweisung auf eine Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters nicht zuzumuten.

Der Kläger hat den Beruf des Kfz-Schlossers erlernt und war zuletzt als Strahlenschutzwerker versicherungspflichtig beschäftigt. Er leidet unter einer Myasthenia gravis mit Augenmuskellähmung, hinzu kamen in der Vergangenheit eine Deformierung mehrerer Wirbel im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich mit daraus folgender Fehlform der Wirbelsäule nach osteoporotischen Spontanfrakturen.

Nach § 240 Sozialgesetzbuch 6 haben diejenigen Versicherten Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wie der Kläger vor dem 2. Januar 1962 geboren sind und berufsunfähig sind. Wann Berufsunfähigkeit vorliegt, ist zunächst anhand der medizinischen Indikationen zu beurteilen. Nach diesen war unstreitig, dass der Kläger in seinem eigentlichen Beschäftigungsfeld als Strahlenschutzwerker nicht mehr mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag arbeiten konnte.

In Betracht kommt in solchen Fällen aber immer eine Verweisung auf eine Tätigkeit innerhalb des jeweiligen Betriebes, die mit der körperlichen Konstitution des Betroffenen in Einklang zu bringen ist. Im zugrundeliegenden Verfahren wurde vorgebracht, dass der Versicherte als Registrator eingesetzt werden könnte. Diese Tätigkeit war dem Kläger aber aufgrund der damit verbundenen Bewegungseinschränkungen nach Überzeugung des Gerichts nicht möglich. Blieb letztlich nur noch die Verweisung auf einen Job als Poststellenmitarbeiter, der von ihm aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen hätte durchgeführt werden können. Auf diesen war der Kläger aber nicht zu verweisen, da ihm diese Tätigkeit nicht zuzumuten ist.

Ob eine solche Zumutbarkeit vorliegt, beurteilt die Sozialgerichtsbarkeit anhand des sogenannten Stufenmodells. Danach lassen sich Arbeitberufe in vier Gruppen unterteilen. Diese werden charakterisiert durch die Leitberufe des hochqualifizierten Facharbeiters oder Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (erste Stufe), des Facharbeiters in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren (zweite Stufe), des angelernten Arbeiters in einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren (dritte Stufe) und des ungelernten Arbeiters (vierte Stufe).

Hierbei hat das Gericht den Beruf eiens Strahlenschutzwerkers in die Gruppe des Facharbeiters eingeorndet, sodass eine Verweisung auf einen Posten als Poststellenmitarbeiter als ungelernter Arbeiter nicht möglich war.

Wichtig: Es gilt also für Sie im Einzelfall immer zu untersuchen, ob Sie eine entsprechende Tätigkeit annehmen müssen, soweit Sie dafür nicht bereit sind.

Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 16.08.2011.


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Veröffentlicht am

12.09.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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