Wer einen körperlichen Schaden erlitten hat und deswegen nicht mehr arbeiten kann, erleidet i.d.R. auch einen Rentenschaden. Nach § 119 Sozialgesetzbuch 10 ist es Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung, den Schädiger zur Zahlung der fehlenden Rentenbeiträge aufzufordern (sog. "Beitragsregress"). Geschädigten ist zu raten, dies bei der Rentenversicherung zu überprüfen.
In einem Fall des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz legte eine 1971 geborene Klägerin im Jahr 1991 ein Fachabitur zur gestaltungstechnischen Assistentin ab und nahm anschließend eine versicherte Beschäftigung in einem Küchenstudio auf. Aufgrund eines Motorradunfalles am 25.08.1992 erlitt die Klägerin verschiedene Verletzungen, die eine stationäre Reha notwendig machten, für einige Jahre zur vollen Erwerbsminderung führten und letztlich eine Umschulung zur Einrichtungsfachplanerin erforderten.
Nach drei Jahren erkrankte die Klägerin erneut und bezog wieder Rente wegen Erwerbsminderung zunächst befristet und sodann auf Dauer.
Im Jahr 2005 schloss die Klägerin einen Vergleich mit dem Unfallverursacher sowie seiner Haftpflichtversicherung über die Zahlung von 200.000 € ohne Anrechnung der bislang gezahlten Vorschüsse ab. Die Ansprüche der Rentenversicherung wurden von dieser Einigung nicht erfasst. Die Zahlung sollte sowohl das Schmerzensgeld, die Kosten der Medikamente u.ä. sowie den Verdienstausfall der Klägerin beinhalten.
Daneben schloss die beklagte Rentenversicherung mit der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners ebenfalls einen Vergleich über die Zahlung von 177.500 € an Rentenbeiträgen ab. Dieser Vergleich beinhaltete die Abgeltung des Beitragsregresses der Klägerin bis zu ihrem 67 Lebensjahr. Weitere Ansprüche wurden mit dem Vergleich ausgeschlossen.
Daraufhin berechnete die Beklagte, die Rente der Klägerin aufgrund der Regresszahlung neu. Die Klägerin beanstandete im Widerspruch gegen diesen Bescheid, dass die seit 1998 berücksichtigten Beiträge nicht dynamisiert worden seien. Dies wies die Beklagte ab und führte die gesamtwirtschaftliche Lage zur Begründung auf.
Das daraufhin eingeschaltete Sozialgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass nur Pflichtbeiträge berücksichtigungsfähig wären, die tatsächlich zugeflossen seien. Dies seien in diesem Fall lediglich die durch den Vergleich von der Haftpflichtversicherung abgeführten Beiträge.
Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz folgte am 11.01.2012 dieser Auffassung und wies die Berufung der Klägerin. Insbesondere führte es aus, dass die Beklagte bei dem Vergleich mit der Haftpflichtversicherung das gleiche Einkommen als Grundlage der Berechnung angesetzt habe, wie die Klägerin in ihrem Vergleich mit dem Schädiger.
Das Gericht führte in seinem Urteil zudem aus, dass gemäß § 119 SGB 10 der Geschädigte hinsichtlich seiner sozialversicherungsrechtlichen Stellung so gestellt werden müsse, wie er ohne die Schädigung stünde. Sei der Schaden durch Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung ausgleichbar, solle sichergestellt werden, dass der Sozialversicherte später Sozialleistungen erhalte, deren Berechnung auch die Zeit nach der Verletzung umfasse. Im vorliegenden Fall sei jedoch keine Verletzung dieser Norm nachweisbar.
Da in dem Vergleich zwischen der Beklagten und der Haftpflichtversicherung weitere Ansprüche wirksam ausgeschlossen worden seien, komme auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht in Betracht. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches lägen nicht vor.
Anmerkung: In diesem Fall hat die Rentenversicherung immerhin einen ganz erheblichen Beitragsanteil auf dem Vergleichswege erlangt. Nicht selten passiert es jedoch, dass der Beitragsregress gar nicht erfolgt, weil die Geschädigten dem nicht nachgegangen sind. Ein solcher unterlassener Beitragsregress ist rechtlich nur sehr schwierig zu kompensieren.
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Veröffentlicht am
06.01.2015
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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