Das Bundessozialgericht hat bereits 2011 entschieden, dass beim zuständigen Versorgungsamt auch eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung beantragt werden kann, wenn dies für den Bezug einer Altersrente ohne Abschläge von Bedeutung ist.
In dem entschiedenen Fall ging es um einen Kläger, bei dem nach Auftreten einer schweren Krebserkrankung ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt worden war. Der Kläger wollte jedoch eine Schwerbehinderung, d.h. einen Grad der Behinderung von mindestens 50, bereits ab einem ca. 2 Jahre vor der Krebsdiagnose liegenden Zeitpunkt rückwirkend festgestellt wissen. Sein Gesundheitszustand sei schon zu diesem Zeitpunkt sehr schlecht gewesen. Die rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung ermögliche ihm den Bezug einer Altersrente für schwer behinderte Menschen ohne Abschläge.
Nachdem die Klage des Betroffenen zunächst in den ersten beiden Instanzen erfolglos war, gab ihm das Bundessozialgericht schließlich Recht. Das Gericht stellte klar, dass für eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung insbesondere nicht offensichtlich sein muss, dass diese bereits im zurückliegenden Zeitpunkt vorgelegen hat. Für die behördliche Erstfeststellung, dass ein Grad der Behinderung von 50 bereits zu einem Zeitpunkt vor Stellung des Antrages vorgelegen hat, sei nur die Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses erforderlich. Ein solches besonderes Interesse könne auch darin liegen, dass der Antragsteller, wenn seine Schwerbehinderung rückwirkend festgestellt wird, nach § 236a SGB VI eine Altersrente ohne oder mit geringeren Abschlägen beziehen könne. Die Abschläge betragen 0,3 % für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme, maximal 10,8 %.
Sollten Sie Schwierigkeiten mit dem Versorgungsamt bei der Erlangung einer Feststellung ihrer Schwerbehinderung oder eines bestimmten Grades der Behinderung haben, kontaktieren Sie mich gerne.
Rechtlicher Hinweis: Die Entscheidung des BSG nimmt Bezug auf § 6 Absatz 1 Satz 2 der Schwerbehindertenausweisverordnung, der mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 7. Juni 2012 (BGBl. I S. 1275) zum 01.01.2013 aufgehoben wurde. Eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung, bzw. eines bestimmten Grades der Behinderung könnte aber auch weiterhin möglich sein; gerichtliche Entscheidungen dazu liegen noch nicht vor.
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Veröffentlicht am
06.08.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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17.05.2022, 15:41 Uhr
BSG, Urteil vom 29. November 2007 – B 13 R 44/07 R:
Der Antrag eines Versicherten auf Leistung vorzeitiger Altersrente ist grundsätzlich auf die ihm günstigste Altersrentenart gerichtet (Günstigkeitsprinzip). Die Benutzung eines vom Rentenversicherungsträger zur Verfügung gestellten Vordrucks mit dem Ankreuzen einer bestimmten Rentenart legt den Versicherten nicht auf eine Rentenart fest.
Wird rückwirkend die Schwerbehinderteneigenschaft des Versicherten festgestellt, steht die Tatsache der Schwerbehinderung - für den Rentenversicherungsträger bindend - zu diesem früheren Zeitpunkt fest.
Dies bedeutet für Sie: Wenn das Versorgungsamt rückwirkend - einschließlich des Zeitpunkts Ihres Rentenantrags - Ihre Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt hat, können Sie beim Rentenversicherungsträger beantragen, Ihre Rente in eine Altersrente für Schwerbehinderte Menschen umzuwandeln. Ob dies für Sie in Hinblick auf die Rentenhöhe günstiger ist, können Sie in Erfahrung bringen, indem Sie beim Rentenversicherungsträger um eine Probeberechnung/fiktive Rentenberechnung bitten.