Das Bundessozialgericht hat 2013 entschieden, dass die Kosten einer stationären Reha-Maßnahme ("Kur") von Versicherten selbst zu tragen sind, wenn eine von der Krankenkasse vorgeschlagene Reha-Klinik bei gleicher medizinischer Eignung deutlich kostengünstiger ist, als die selbst ausgesuchte Reha-Klinik.
In dem vorliegenden Fall hatte die versicherte Klägerin im März 2008 einen Hirninfarkt erlitten. Nach erfolgter Akutbehandlung und ambulanter Physiotherapie, verordnete ihr die behandelnde Neurologin eine stationäre Reha-Maßnahme. Diese wurde der Klägerin von der beklagten Krankenversicherung auch generell bewilligt, jedoch nur für ca. 3 Wochen in einer deutlich kostengünstigeren Einrichtung als von der Klägerin gewünscht. Die Klägerin verschaffte sich dennoch eine neurologische Reha-Maßnahme für fünf Wochen in der von ihr bevorzugten Klinik.
Nachdem die Krankenkasse einen Antrag auf Kostenerstattung für die Reha abgelehnt hatte, verklagte die Klägerin ihre Krankenkasse auf Zahlung von 5.789 € vor dem Sozialgericht. Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Bundessozialgericht führte aus, dass zwar die Voraussetzungen für eine medizinische, stationäre Reha grundsätzlich vorlägen. Ein Anspruch auf eine Reha von über drei Wochen bestehe jedoch nicht. Sofern medizinische Gründe dies erfordern, sei eine Verlängerung der Reha grundsätzlich möglich. In diesem Fall sei auch bei einer selbstbeschafften Reha-Maßnahme ein Verlängerungsantrag zu stellen.
Zudem sei die Klinik von der Krankenversicherung ermessensfehlerfrei ausgewählt worden. Die Krankenkasse bestimme nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang und Durchführung der Leistungen sowie die Reha-Einrichtung selbst nach pflichtgemäßem Ermessen. Insbesondere beständen keine medizinischen Gründe, warum eine Reha-Maßnahme in der von der Klägerin ausgewählten Klinik gegenüber einer Maßnahme in der von der Beklagten ausgewählten Klinik vorzuziehen sei. Die Beklagte dürfe aus dem Pool von Kliniken mit gleicher medizinischer Eignung, die kostengünstigste Einrichtung wählen (Wirtschaftlichkeitsgebot).
BSG, Urteil vom 07. Mai 2013 – B 1 KR 12/12 R: Das Auswahlermessen der Krankenkasse bei der Bestimmung einer zugelassenen Rehabilitations-Vertragseinrichtung richtet sich vorrangig nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls sowie dem Wirtschaftlichkeitsgebot und berücksichtigt erst nachrangig das Wunsch- und Wahlrecht des Versicherten.
Anders wäre der Fall nur, wenn der Versicherte sich ausdrücklich bereit erkläre, die Mehrkosten der gewünschten REHA-Klinik zu tragen. In diesem Fall wäre dem Wunsch- und Wahlrecht des Versicherten zu entsprechen, weil "Wünsche, die zu Mehrkosten führen, stets als berechtigte Wunschäußerung anzuerkennen sind, wenn der Leistungsberechtigte für die gewünschte geeignete, zulässige Einrichtung nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen die Mehrkosten trägt."
Zum Wunsch- und Wahlrecht der Versicherten bei Reha-Maßnahmen der Deutschen Rentenversicherung hat das BSG bislang noch keine Entscheidung getroffen.
Foto: © istockphoto.com/Frank_Oppermann 27513
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Veröffentlicht am
10.11.2014
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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06.09.2018, 13:44 Uhr
07.04.2022, 10:37 Uhr
Das Sozialgericht Lüneburg hat in einer lesenswerten Entscheidung festgestellt, dass die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen ihrer Auswahlentscheidung und unter Beachtung des gesetzlichen Wunsch- und Wahlrechts die spezifischen therapeutischen Belange der Versicherten berücksichtigen müssen (SG Lüneburg, Urteil vom 03. Mai 2012 – S 1 R 343/10 -. Wenn Sie Widerspruch gegen die Bewilligung einer Reha in einer ungeeignet erscheinenden Klinik erheben wollen, sollten Sie sich daher um eine ärztliche Bescheinigung bemühen, dass nicht die von der DRV ausgewählte, sondern die von Ihnen und Ihren Ärzten ausgewählte Vertragsklinik den spezifischen therapeutischen Belangen am besten entspricht. Diese können Sie dann zusammen mit Ihrem Widerspruch und dem Hinweis auf das Wunsch- und Wahlrecht bei der DRV einreichen.
"Berechtigt" ist eine Wunsch beispielsweise nicht, wenn es sich bei der Wunschklinik um keine Vertragsklinik der DRV handelt und der Therapiebedarf durch andere Kliniken, mit denen die DRV einen Vertrag abgeschlossen hat, ausreichend abgedeckt ist (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Januar 2004 – L 2 RJ 160/03). Außerdem gilt: Gibt es objektiv-medizinisch betrachtet mehrere gleich geeignete Reha-Kliniken, ist eine besonders beliebte Klinik, z.B. am Meer, aber beispielsweise voll ausgelastet, kann man nicht in jedem Fall verlangen, dorthin zu kommen. Denn die DRV muss - logisch! - die Versicherten auf die vorhandenen Kliniken verteilen. Rechtlich betrachtet besteht nur dann ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf eine bestimmte Klinik, wenn eine sog. "Ermessensreduzierung auf Null" vorliegt, also nur diese eine Klinik in Betracht kommt. Man kann daher mit einem Widerspruch und beispielsweise dem obigen Hinweis auf "besondere therapeutische Belange" nur versuchen, seine Wunschklinik durchzusetzen, der Erfolg ist aber keineswegs garantiert. Beachten Sie aber auch diesen Artikel zu Besonderheiten bei schwerwiegenden Psoriasis-Erkrankungen.