Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat bereits 2015 entschieden, dass für Rechtsstreitigkeiten über die Vollstreckung der gesetzlichen Krankenkassen durch die Zollbehörden (Hauptzollamt) der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben ist.
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Juli 2015 – 12 E 667/15: Für das vorliegende Verfahren ist das Finanzgericht L. sachlich und örtlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO. Hiernach ist die Finanzgerichtsbarkeit für die gerichtliche Überprüfung zuständig, wenn Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind. Dies ist hier der Fall, denn gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB X richtet sich u.a. die Vollstreckung von Forderungen bundesunmittelbarer Körperschaften - wie hier der U. Krankenkasse - nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG). In § 5 VwVG ist bestimmt, dass sich das Verwaltungszwangsverfahren und der Vollstreckungsschutz im Falle des § 4 VwVG nach den Vorschriften der Abgabenordnung richten. Ein Fall des § 4 VwVG ist vorliegend gegeben, da die Vollstreckung gemäß § 4 Buchstabe b VwVG durch das Hauptzollamt als Vollstreckungsbehörde durchgeführt wird.
Aus anwaltlicher Sicht ist allerdings anzumerken, dass die Einleitung von Vollstreckungsschutzverfahren beim FG gut überlegt sein will. Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist bei Beitragsstreitigkeiten eher gering, zumal (man ahnt es) Finanzgerichte weder erpicht noch verpflichtet sind, die Berechtigung der zugrunde liegenden Beitragsforderungen zu überprüfen. Ein besserer und günstigerer Weg scheint es, sich mit dem HZA und der Krankenkasse selbst in Verbindung zu setzen, um eine adäquate Ratenzahlung zu vereinbaren, mit der Ratenzahlungsvereinbarung zugleich nach § 16 Abs. 3a SGB V das Ruhen zu beenden, ggf. die Zusendung einer Gesundheitskarte zu erreichen und ggf. die Beitragsforderung in Ruhe nach Akteneinsicht noch einmal zu prüfen.
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Veröffentlicht am
11.03.2019
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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18.10.2025, 12:43 Uhr
Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe eine Vollstreckungsankündigung bekommen für Krankenkassen-Beiträge für einen Zeitraum, in dem ich ohne Arbeit und ohne Unterkunft war (obdachlos). Der Betrag beläuft sich auf 15.000 €. Können Sie mir helfen? Mit freundlichen Grüßen S.
20.10.2025, 10:55 Uhr
Lieber S., vielen Dank für Ihren Beitrag. Wenn die Krankenkasse einmal das Vollstreckungsverfahren eingeleitet hat, insbesondere durch das HZA, das Hauptzollamt, kann man gegen die Zwangsvollstreckung i.d.R. wenig ausrichten. Man könnte zwar einen Antrag auf Vollstreckungsschutz beim zuständigen Finanzgericht stellen (siehe oben), solche Anträge werden aber nur sehr selten von Erfolg gekrönt sein.
Denn in den meisten Fällen kommt es zu hohen Beitragsschulden oder Krankenkassen-Forderungen, weil man der Krankenkasse entgegen der gesetzlichen Pflicht keine Auskunft über sein Einkommen erteilt hat, also die Fragebögen der Krankenkasse nicht ausgefüllt und zurücksendet hat und (am wichtigsten!) der Krankenkasse keine Einkommensteuerbescheide vorliegen. Dann darf die Krankenkasse nach der gesetzlichen Regelung den Höchstbeitrag festsetzen. Was Sie nun tun können:
Bei korrektem Lauf der Dinge sollten diese Zeiten aber automatisch vom Jobcenter, bzw. dem Sozialamt an die Krankenkasse übermittelt. Ob dies tatsächlich aber immer geschieht, gerade bei Obdachlosigkeit, ist aber nicht sicher.
Insgesamt können Krankenkasse-Beiträge grundsätzlich bei Vorlage entsprechender Einkommensteuerbescheide für die letzten 4 Jahre rückwirkend korrigiert, bzw. reduziert werden. Beitragsschulden, die aus Zeiten davor herrühren, kann man nur durch einen Antrag auf "Niederschlagung" oder "Erlass" nach § 76 Absatz 2 Sozialgesetzbuch 4 oder durch ein Verbraucher-/Insolvenzverfahren loswerden. Für Letzteres wenden Sie sich an Schuldenberatungsstellen. Anträge auf Niederschlagung oder Erlass werden von den Krankenkassen nur selten stattgegeben. Ich wünsche Ihnen alles Gute! MfG RA Köper
03.12.2025, 16:44 Uhr
Sehr geehrter Herr Köper, brauche dringend Hilfe, die TK-Krankenkasse will in wenigen Tagen mein Konto durch das Hauptzollamt pfänden lassen. Könnten Sie Einspruch erheben? Frd. Gruss D.
04.12.2025, 15:49 Uhr
Lieber D., vielen Dank für Ihr Vertrauen und Ihren Beitrag. Ich würde Ihnen in dieser Situation Folgendes empfehlen:
Wenn man gegen Beitragsbescheide in der Vergangenheit nicht rechtzeitig binnen 1 Monats Widerspruch erhoben und auf Mahnungen etc. nicht reagiert hat und dann irgendwann das HZA vollstreckt, hat man ugs. gesprochen beim Finanzgericht schlechte Karten. Ein nicht erfolgreicher Vollstreckungsschutzantrag verursacht dann nur zusätzliche Kosten. Es bleibt dann nur, die Beitragsbescheide mit dem o.g. Überprüfungsantrag nochmals überprüfen zu lassen und ggf. fehlende Einkommensnachweise (z.B. Einkommensteuerbescheide) schnellstmöglich bei der Krankenkasse einzureichen.
Wenn Sie sich sicher sind, dass der Fehler eindeutig bei der Krankenkasse liegt, melden Sie sich gerne nochmal. Das Einreichen von Vollstreckungsschutzanträgen beim Finanzgericht kann ich jedoch grundsätzlich nur gegen einen Rechtsanwalts-Gebührenvorschuss gem. § 9 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz anbieten.
Häufig lässt sich mit den o.g. Selbsthilfe-Maßnahmen aber "die Kuh vom Eis holen". Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute, beeilen Sie sich mit den Anträgen! MfG RA Köper