Die Nutzung des Internets wird in Zeiten des „Social Media“ immer essentieller. Das Bayerische Landessozialgericht entschied, dass die Teilhabe am Internet auch für einen blinden Menschen zum sozialen Leben gehört. Der Sozialhilfeträger kann verpflichtet sein, die Kosten eines Internet-Kurses als Eingliederungsmaßnahme zu tragen.

Die generelle Nutzung des Internets wird auch von den Gerichten als Teil des sozialen Lebens gewertet. Besonders die „social media“ wie Facebook, Youtube und Co ermöglichen dem Internet-User die Teilhabe.

Der Betroffene ist blind und gehört zum Personenkreis der wesentlich Behinderten im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB XII. Er hatte in der Vergangenheit bereits einige Computerkurse belegt und bewegte sich im Internet trotz seiner Behinderung mit Leichtigkeit auf denen ihm vertrauten Seiten. Zum Lesen der Internet-Inhalte benutzt er eine sogenannte „Braille-Zeile“ welche die auf dem Computer dargestellten Schriftzeichen in die für ihn mit den Fingern lesbare Blindenschrift umwandelt.

Dennoch fühlte er sich im Internet noch nicht ganz sicher und beantragte beim Sozialhilfeträger mehrere Kursstunden in denen er seine Kenntnisse im Umgang mit dem Internet für den häuslichen Gebrauch weiter vertiefen wollte. Da ihm dieser die Stunden nicht erstatten wollte klagte er vor dem Sozialgericht Würzburg. Dieses versagte ihm jedoch ebenfalls die Unterstützung und so wandte sich der Kläger mit seiner Berufung an das Bayerische Landessozialgericht.

Einschätzung des SG Würzburg stößt auf Unverständnis In seiner Entscheidung gab das Landessozialgericht dem Begehren des Klägers statt. Insbesondere führte es aus, dass die Fähigkeit am Internet teilzunehmen, heutzutage mehr ist als das bloße Schreiben von e-Mails. So sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Teilhabe an den „social media“ wie Facebook und YouTube heutzutage zum täglichen sozialen Leben gehören. Dem Kläger könne diese Teilhabe nicht verwehrt werden, vor Allem nicht unter Berücksichtigung des § 55 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IX. Hieraus ergibt sich die Pflicht, dass behinderte Menschen am Leben in der Gemeinschaft teilhaben sollen. Eine solche Teilnahme an der Gemeinschaft beziehe sich „im allgemeinen Sinn auf den Kontakt mit den Mitmenschen und der kulturellen Umwelt, insbesondere auch den Umgang mit nichtbehinderten Menschen.“ Gerade das Internet, in dem sich der Kläger bewegen könne ohne gleich seine Behinderung preisgeben zu müssen fällt nach Ansicht des Landessozialgericht unter diesen § 55 SGB IX. Konsequenterweise hob das Landessozialgericht das Urteil des SG Würzburg auf und verpflichtete den Sozialhilfeträger zur Gewährung des Computerkurses.


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Veröffentlicht am

21.02.2014

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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