Der Bundesgerichtshof hat 2011 entschieden, dass die Anforderungen an den Beweis einer ordnungsgemäße Anzeige von Vorerkrankungen bei Krankenversicherungsverträgen nicht zu hoch sein dürfen. Es genüge, wenn der Versicherte laienhaft schildern könne, welche Beschwerden und Krankheitsbilder er gegenüber dem Versicherungsagenten angegeben habe.

Die Klägerin, eine Versicherte, klagte vor Gericht auf die Feststellung, dass der zwischen ihr private Krankenversicherungsvertrag nicht durch einen von der Versicherung erklärten Rücktritt beendet worden sei.

Im Rahmen der Beratungsgespräche zum Versicherungsabschluss teilte die Klägerin dem Versicherungsagenten mit, sie habe sich von Anfang 1999 bis Januar 2000 in kieferorthopädischer Behandlung befunden und ab Sommer 2000 unter Kieferhöhlenbeschwerden gelitten und sich deshalb in den Monaten Januar 2001 und Oktober 2001 zwei Kieferhöhlenoperationen unterzogen. Nachdem die Versicherung den Vertrag mit der Klägerin gekündigt hatte, weil sie zahlreiche Vorerkankungen nicht aufgeführt habe, erhob die Klägerin Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Versicherungsverhältnisses. Die Klägerin behauptete, sie habe den Agenten der Versicherung darüber informiert, dass bei der Implantatversorgung durch den Kieferchirurgen der erforderliche Knochenaufbau nicht vorgenommen worden sei und infolgedessen die Implantate in die Kieferhöhle geragt hätten, weshalb sie an Fokaltoxikose, Sinusitis und Abwehrschwäche erkrankt sei.

Die Versicherung bestritt, dass die Klägerin ihre Vorerkrankungen und -behandlungen ordnungsgemäß angezeigt hatte. Daraufhin war die Klägerin im Prozess verpflichtet, substantiiert darzulegen, dass sie ihrer Anzeigepflicht dennoch nachgekommen sei.

Der Bundesgerichtshof stellte klar, von einem Versicherungsnehmer könne nicht verlangt werden, den Versicherungsagenten über sämtliche im Verlauf einer längeren und umfassenden Behandlung gestellten Diagnosen und jeden einzelnen Behandlungsschritt zu informieren. Das Erfordernis einer substantiierten Behauptung, den Agenten zutreffend mündlich unterrichtet zu haben, bedeute nicht, dass der Versicherungsnehmer darlegen müsse, dem Agenten eine medizinisch exakte Schilderung von Krankheitsbild, Diagnose und Behandlung gegeben zu haben. Vielmehr sei der prozessuale Vortrag auch dann hinreichend substantiiert, wenn der Versicherungsnehmer nur laienhaft schildere, welche Beschwerden und Krankheitsbilder er dem Agenten genannt habe.

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Bundesgerichtshof Zivilsachen, Urteil vom 09.03.2011.

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Veröffentlicht am

11.09.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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