Auch Privatpatienten haben nach einem Urteil des Landgerichts Stuttgart keinen Anspruch auf die Erstattung der Kosten einer prädiktiven Gendiagnostik. Eine solche Behandlung stelle keine medizinisch notwendige Heilbehandlung zur Behandlung einer Krankheit im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) dar.
Die Klägerin ist seit dem Jahre 1998 bei einer privaten Krankenversicherung versichert. Nachdem in ihrer Familie mehrere Fälle von Krebs bekannt geworden waren, hatte sie die Befürchtung, dass auch bei ihr ein erhöhtes genetisches Risiko einer solchen Erkrankung gegeben sein könnte. Zwar lagen die objektiven Anhaltspunkte einer Krebserkrankung bei ihr nicht vor, dennoch unterzog sie sich einem Gentest (sog. prädiktive Gendiagnostik). Die dabei entstandenen Kosten für die Untersuchung wollte sie anschließend von der privaten Krankenkasse erstattet bekommen. Die Kasse lehnte dies jedoch mit den Argumenten ab, dass es sich bei dem Gentest weder um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung noch um eine geeignete Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten im Sinne des § 192 Abs. 1 VVG handelte.
Klägerin sieht den Gentest als Leistung der privaten Krankenversicherung an Der Ansicht der Versicherung, dass es sich beim Gentest weder um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung noch um eine Vorsorgeuntersuchung handelt, stimmte die Klägerin zu. Jedoch vertrat sie vor dem Berufungsgericht die Ansicht, dass die Kosten einer prädiktiven Gendiagnostik generell von privaten Krankenversicherungen zu erstatten seien. Jedenfalls müsste der Versicherungsvertrag dahingehend ausgelegt werden, dass der Privatpatient davon ausgehen könne, dass solche Kosten übernommen werden. Der § 192 Abs. 1 VVG enthalte hinsichtlich der Früherkennungsmaßnahmen insoweit eine planwidrige Regelungslücke, die per richterliche Rechtsfortbildung gefüllt werden muss.
Gentest weder geeignete Heilbehandlung noch Früherkennungsmaßnahme In seinem Urteil stellte das Berufungsgericht fest, dass die Vorinstanz hinsichtlich der Beurteilung des Gentests im Falle der Frau korrekt vorgegangen sei. Ein solcher Test stelle zutreffend weder eine geeignete Heilbehandlung noch eine geeignete Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung dar. Hinsichtlich des Vortrags der Klägerin stellte es fest, dass beim § 192 Abs. 1 VVG keine Regelungslücke vorliege. Er sei vielmehr abschließend geregelt und setze für eine Heilbehandlung zwingend eine vorangegangene Erkrankung voraus. Der Gentest sei gerade nur auf die positive oder negative Feststellung eine Krankheit gerichtet, insoweit gäbe es auch keinen medizinischen Nutzen. Ein Anspruch der Frau gegen die Kasse bestehe somit nicht.
Richter lassen Detailfragen offen Die Richter ließen im Urteil jedoch die Frage offen, ob der gewählte Weg aus rechtspolitischer Sicht der Richtige sei. So ist es beispielsweise möglich, dass durch die Früherkennung erkrankte Organe entfernt werden können um so eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Diese Fragen müsse letztendlich jedoch der Gesetzgeber klären.
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Veröffentlicht am
05.03.2014
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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