Das Landgericht Berlin hat einen privaten Krankenversicherer zur Übernahme der Kosten einer Protonen-Krebstherapie (Adenokarzinoms der Prostata) in den USA verurteilt. Der Versicherer wurde verurteilt, an den Kläger 22.707,39 € nebst Zinsen zu zahlen.
Im Jahre 2002 bei dem beamteten Kläger Prostatakrebs entdeckt. Da sein Arzt ihm zunächst lediglich riet, abzuwarten und den Wert seines prostataspezifischen Antigens zu kontrollieren, wurde bis zum Jahre 2008 nichts weiter unternommen. Ab dann stieg der Wert jedoch kontinuierlich an, sodass der Mann sich für eine Protonentherapie in den USA entschied (Tipp: englische Internetseiten mit Browser, z.B. Google Chrome, übersetzen lassen). Diese sollte jedoch an der Loma Linda-Universitätsklinik in Kalifornien durchgeführt werden . 50 Prozent der dabei entstehenden Kosten übernahm die Beihilfestellte, durch seine private Krankenversicherung erhoffte sich der Mann die Übernahme der übrigen Kosten.
Die Versicherung lehnte eine Kostenbeteiligung jedoch ab und begründete dies damit, dass eine Krebstherapie in den USA angeblich medizinisch nicht notwendig sei. Andere Bestrahlungen seien preiswerter und mindestens gleichwertig. Überhaupt sei die Protonentherapie durch die Schulmedizin noch gar nicht anerkannt – alleine aus diesem Grund müsse die Versicherung schon gar nicht für die Kosten einstehen, da nur anerkannte Therapien erstattungsfähig seien.
Der Mann ließ sich im Jahre 2009 dennoch in den USA behandeln, was ihn 67.500 US-Dollar kostete. Anschließend forderte er von der privaten Krankenversicherung die Übernahme von 50 Prozent dieser Kosten. Da sie dies wieder ablehnte, zog der Mann vor Gericht und erwirkte vor dem Landgericht Berlin, dass der Versicherer immerhin 22.707,00 € übernehmen musste. Das Gericht begründete dies mit der Einschätzung, dass die Protonentherapie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen als medizinisch notwendig einzustufen sei – auch wenn sie in Deutschland in dieser Form gar nicht angewendet würde. Der frühere Standard, dass eine erkrankte Prostata entfernt würde, sei durch die Strahlentherapie weitestgehend ersetzt worden. Dass die Protonentherapie zurzeit in Deutschland aufgrund der immensen Kosten und dem hohen technischen Aufwand nicht angewandt würde, wäre vielmehr eine Momentaufnahme, die sich im Wandel befinde: derzeit befinden sich weitere Protonentherapiezentren im Bau, und das nicht nur in den USA.
Das Gericht befand, dass die Loma Linda-Universitätsklinik weltweit am meisten Erfahrung mit der Protonentherapie habe und gerade deswegen eine geeignete und erfolgversprechende Behandlungsmethode bieten könne. Zwar würde in Deutschland regelmäßig die Strahlentherapie angewandt, dies bedeute aber nicht, dass sie gegenüber anderer Methoden vorteilhaft wäre. Schulmedizinisch anerkannt sei eine Methode dann, wenn über ihrer generelle Wirksamkeit nicht mehr namhaft gestritten würde. Dies sei bei der Protonentherapie der Fall.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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Veröffentlicht am
05.08.2014
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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