Das Landgericht München hat in einem aktuellen Verfahren entschieden, dass die in der Landwirtschaft durchaus übliche Hofübernahme gegen "Wart und Pflege" weder die Erwerbsmäßigkeit der Pflegetätigkeit noch den Verlust des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes zur Folge hat.

Der Kläger hatte im Jahr 1978 die Landwirtschaft seiner Eltern übernommen. Hierfür sollte er diesen u.a. "Wart und Pflege" zu Teil werden lassen, wie es altdeutsch heißt. Hierunter versteht man die Pflege bei Krankheit, Gebrechlichkeit und im Alter. Im Frühjahr 2010 setzte der Kläger seinen mittlerweile 96-jährigen Vater, der seit einigen Jahren erheblich pflegebedürftig ist, auf einen Toiletten- und Duschrollstuhl um. Hierbei verdrehte er sich sein Knie, was langwierige Behandlungsnotwendigkeiten nach sich zog. Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft versagte jedoch die Anerkennung eines Versicherungsfalls. Sie führte aus, dass der Kläger als Gegenleistung für den Erhalt des Hofes die Pflege übernommen habe und mithin erwerbsmäßig tätig sei. Dies schließe einen Versicherungsfall aus.

Das Landessozialgericht München hat auf die Berufung der beklagten Berufsgenossenschaft entschieden, dass der Klage stattzugeben sei. Dem Kläger stehe ein Anspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung zu. Im Einzlnen hat das Gericht ausgeführt, dass keine Erwerbsmäßigkeit vorliege. Vielmehr gehöre "Wart und Pflege" zu den ohnehin bestehenden sittlichen Pflichten, die innerhalb einer Familie begründet werden können. Diese innerfamiliäre Bindung könne nicht allein durch die Verquickung mit einer vormals abgeschlossenen landwirtschaftlich geprägten Geschäft zerstört werden.

Kommentar: Das Gericht hat gleichwohl die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen, weil es der Sache grundsätzliche Bedeutung zugemessen hat. Es kann jedoch erwartet werden, dass das Bundessozialgericht die Entscheidung bestätigt. Sie berücksichtigt auch den verfassungsrechtlich zu beachtenden Grundsatz des Schutzes von Ehe und Familie. Darüber hinaus erscheint dies auch das einzig tragfähige Ergebnis, da kaum Fallkonstellationen denkbar erscheinen, in denen in einem solchen Fall tatsächlich einmal eine Erwerbsmäßigkeit vorliegt.

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Veröffentlicht am

04.07.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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