Das Oberverwaltungsgericht für das Land Sachsen-Anhalt in Magdeburg hat aktuell entschieden, dass ein an Diabetes erkranktes Kind weiterhin eine staatliche Grundschule besuchen darf und keine Förderschule für körperbehinderte Kinder besuchen muss. Vorrangig sei stets die Möglichkeit einer inklusiven Beschulung zu prüfen. Eine solche müsse von der Schule insbesondere dann angeboten werden, wenn der Hilfebedarf des Kindes - wie hier - tatsächlich verhältnismäßig gering ausfalle.

Aber auch im Übrigen sei die grundrechtliche Relevanz einer solchen Entscheidung stets zu berücksichtigen.

Das Kind ist acht Jahre alt und besucht die zweite Klasse einer staatlichen Grundschule. Zu Beginn des Schuljahres verfügte das Schulamt gegen den Willen des sorgeberechtigten Vaters, dass das Kind auf eine Förderschule gehen müsse, um dort adäquat beschult werden zu können. Als Begründung gab es an, dass die vorherrschenden pädagogischen Bedingungen und Ressourcen nicht ausreichen würden, um eine adäquate Betreuung des Kindes sicherzustellen. Dies müsse umso mehr gelten, als auch andere Kinder mit erhöhtem Betreuungsbedarf an der Schule angemeldet seien.

Das OVG Madgeburg hat im Eilverfahren sodann die weitere Beschulung an der genannten Schule vorläufig gestattet. Vorrangig sei stets zu prüfen, ob eine integrative bzw. inklusive Beschulung in Betracht komme. Nur weil das Kind schwerbehindert sei, würde dies nicht bedeuten, dass es ohne Weiteres an eine andere, seinem Bedarf ggf. gar nicht gerecht werdende andere Schule überwiesen wird. Vielmehr seien hier die grundrechtlichen Belange des Kinders in erheblichem Umfang tangiert. Die Überweisung stelle hier in concreto eine nach Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz verbotene Benachteiligung dar, soweit alternativ einer der beiden weiteren Aspekte hinzutritt: Nämlich zum einen, wenn entweder der Unterricht an einer Grundschule seinen Fähigkeiten entspreche und ohne besonders erhöhten Aufwand möglich sei. Oder wenn eine Überweisung auch dann stattfinde, wenn eine Beschulung an der Regelschule durch vertretbaren Einsatz sonderpädagogischer Förderung erreicht werden könne.

Hier sei es so gewesen, dass in tatsächlicher Hinsicht gar nicht erst eine erhöhte Förderungsnotwendigkeit festgestellt worden sei. Vielmehr wurde das Kind bei der Blutzuckermessung durch einen privaten Pflegedienst in der Schule unterstützt. Im Übrigen sei der schwerbehinderungsbedingte Mehrbedarf von der Schule hinzunehmen und ggf. auszugleichen. Im Übrigen sei ansonsten auch die Möglichkeit der Unterstützung durch sogenannte Integrationshelfer zu prüfen, die von der Sozialhilfe finanziert würden. In jedem Fall macht das Urteil jedoch deutlich, dass die Schulämter gut beraten sind, in Grenzfällen die Möglichkeiten einer Beschulung sicherzustellen. Soweit dies nicht geschieht, kann aus anwaltlicher Sicht nur geraten werden, den Rechtsweg zu beschreiten, um schwerbehinderten Kindern den gleichen Zugang zur Schule zu ermöglichen wie nichtbehinderten. Der vorliegende Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg, der sehr klar auch die Fehleinschätzungen der Schulbehörde anprangert, hat dies zu Recht sehr deutlich gemacht.

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Veröffentlicht am

17.12.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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