Wer infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs erkrankt, hat Anspruch auf Opferentschädigung. Wird eine durch den Angriff verursachte psychische Erkrankung durch die Flucht des Täters vor der Strafvollstreckung verschlimmert, so sei dies ebenfalls eine Folge der Gewalttat. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Eine Frau aus dem Landkreis Offenbach wurde Ende 2004 von ihrem geschiedenen Ehemann schwer misshandelt und mit dem Tod bedroht. Zunächst gelang es der zweifachen Mutter, das erlittene Trauma zu verdrängen und ihre berufliche Selbstständigkeit weiter aufzubauen. Nach seiner rechtskräftigen Verurteilung zu einer Haftstrafe flüchtete der Täter vor der Strafvollstreckung ins Ausland. Hierauf dekompensierte die Frau. Sie leidet jetzt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer ängstlich-depressiver Symptomatik und kann einer vollschichtigen Berufstätigkeit nicht mehr nachgehen.

Das Landesversorgungsamt Hessen lehnte die Zahlung einer Beschädigtenrente jedoch ab. Die Gewalttat habe lediglich zu einer Anpassungsstörung geführt. Die durch die Flucht des Gewalttäters verursachten Gesundheitsschäden seien nicht auf die Gewalttat zurückzuführen. Daher sei ein Grad der Schädigungsfolgen von lediglich 20 zu berücksichtigen, so dass ein Anspruch auf Beschädigtenrente nicht bestehe.

Dem widersprachen die Darmstädter Richter. Mit der Opferentschädigung sollen die durch eine Gewalttat verursachten Gesundheitsschäden ausgeglichen werden. Deshalb sei die Flucht des Täters vor der Strafvollstreckung nicht von der ursprünglichen Tat zu trennen und die hierdurch verursachte Zunahme von Angst und Depression auf die Tat zurückzuführen. Damit sei bei der nunmehr 46-jährigen Frau, die von Minijobs und Hartz-IV-Leistungen lebt, von einem Grad der Schädigungsfolgen von 40 auszugehen und eine Beschädigtenrente zu zahlen.

(AZ L 4 VE 14/10 – Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil wird unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de ins Internet eingestellt.)

Quelle: Pressemitteilung des Hessischen Landessozialgerichts vom 28.04.2011.


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Veröffentlicht am

03.05.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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