Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat unter Bezugnahme auf eine aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts entschieden, dass selbst bei gravierenden Vermögensdelikten kein Anspruch auf Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz besteht.

Die Klägerin besuchte zur Vorbereitung einer freiberuflichen Tätigkeit als Künstlerin in den Genres Tanz und Gesang ein vom Arbeitsamt angebotenes Seminar für Existenzgründer, welches im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit von einem beratenden Betriebswirt durchgeführt wurde. Im Laufe dieser und weiterer von der Klägerin besuchter Schulungen gelang es letzterem, von der Klägerin Geldbeträge in einer Gesamthöhe von über 175.000 Euro sowie Gold im Gesamtwert von über 135.000 Euro für vermeintlich gewinnträchtige Vermögensanlagen zu erhalten. Zu einer Geldanlage kam es jedoch nicht, vielmehr wurde der Täter strafrechtlich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren wegen mehrerer Vermögensdelikte, insbesondere wegen Betruges verurteilt. Zivilrechtlich wurde der Klägerin ein Anspruch auf Rückgewähr der übertragenen Vermögenswerte tituliert. Rückzahlungen konnten jedoch wegen der Insolvenz des Schädigers und der Vermögenslosigkeit seiner Ehefrau nicht erlangt werden.

Daraufhin beantragte die Klägerin bei dem Versorgungsamt Hamburg, ihr Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren. Zum Zeitpunkt der Antragstellung bestünden als Verletzungsfolgen des Betrugs noch immer Angstzustände mit Anfällen von panischer Angst, Herzrasen und Zittern am ganzen Körper, Depressionen, Selbstmordgedanken, Klaustrophobie und schwere Albträume. Gegen die ablehnenden Bescheide des Versorgungsamtes richteten sich die Rechtsbehelfe der Klägerin, zuletzt die zulässige Berufung vor dem Landessozialgericht. Für einen solchen Angriff bedürfe es vielmehr nach ständiger Rechtsprechung einer in feindlicher Willensrichtung verübten gewaltsamen Einwirkung, die unmittelbar auf den Körper des Geschädigten abzielt. Hingegen reichen gewaltlose, insbesondere psychische Einwirkungen auf das Opfer nicht aus.

Das Gericht hat jedoch unter Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils und unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einen solchen Versorgungsanspruch abgelehnt. Mit Blick auf die zum Nachteil der Klägerin begangenen Betrugsdelikte liege nämlich kein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne von § 1 Opferentschädigungsgesetz vor. Im vorliegenden Fall richteten sich die ihr gegenüber begangenen Tathandlungen jedoch ausschließlich gegen das Eigentum bzw. das Vermögen der Klägerin, indem ihre Willensbildung dergestalt beeinflusst wurde, dass sie zugunsten der Täter über ihr Eigentum verfügte. Dies folge eindeutig aus den beigezogenen Akten des bereits abgeschlossenen Strafverfahrens gegen den Täter. Mit diesen hat sich das Gericht in überzeugender Weise auseinandergesetzt und dieses Ergebnis nicht lediglich unter Heranziehung der Urteilstenorierung gefunden, sondern auch die entsprechenden Tathandlungen im einzelnen gewürdigt. Der Anspruch war folglich hier zu verneinen.

Landessozialgericht Hamburg, 12.04.2011.


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Veröffentlicht am

11.05.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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