Das Sozialgericht Dortmund hat entschieden (Urteil vom 02.04.2009, Az.: S 18 VG 434/07), dass ein Anspruch auf staatliche Opferentschädigung bestehen kann, wenn eine verbale und körperliche Auseinandersetzung unter Betrunkenen eskaliert und es sich nicht um ein für das Alkoholikermilieu typisches Tatgeschehen handelt.
Dies entschied das Sozialgericht Dortmund auf die Klage der Eltern eines bei einer Geburtstagsfeier an einer Tischtennisplatte in der Parkanlage "An den Ruhrwiesen" in Schwerte durch Messerstiche getöteten jungen Mannes.
Das Sozialgericht verurteilte den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), den Eltern im Rahmen der Opferentschädigung Bestattungsgeld zu gewähren. Entgegen der Auffassung des LWL sei eine Gewaltopferentschädigung weder wegen einer Mitverursachung des Opfers noch wegen Unbilligkeit ausgeschlossen.
Das Sozialgericht Dortmund führt in seiner Entscheidung aus, die Verursachungsbeiträge von Opfer und Täter seien in ihrer strafrechtlichen Einordnung sehr ungleichgewichtig gewesen. Während das Opfer Beleidigungen, Bedrohungen und eine einfache Körperverletzung begangen habe, stehe diesen Vergehen auf der Seite des Schädigers ein Totschlag gegenüber. Dementsprechend sei der Schädiger durch das Landgericht Hagen zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt worden. Das Opfer habe sich auch nicht leichtfertig selbst gefährdet. Auf Grund der Alkoholisierung habe es an der Einsichtsfähigkeit in die Gefährlichkeit der Situation gefehlt. Das Opfer habe nicht damit rechnen müssen, dass der Schädiger ein Messer ziehen würde.
Schließlich sei es nicht aus anderen Gründen unbillig, Entschädigung zu gewähren. Unbilligkeit komme in Betracht, wenn das Opfer einem sozialwidrigen, mit speziellen Gefahren verbundenen Kreis von Alkohol- und Drogenkonsumenten angehöre und die Tat aus diesem Milieu entstanden sei. Bei der Geburtstagsrunde an der Tischtennisplatte könne nicht festgestellt werden, dass es sich um ein solches verfestigtes Milieu gehandelt habe. Für die Annahme der Unbilligkeit fehle es auch an der Milieutypik der Schädigung. Dass eine Rangelei zwischen Betrunkenen eskaliere und ein böses Ende nehme, sei nicht ohne weiteres milieutypisch, sondern milieuübergreifend überall zu beobachten und zu befürchten, wo Alkohol in hinreichenden Mengen konsumiert werde.
Quelle: Pressemitteilung des Sozialgericht Dortmund vom 18.05.2009
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
19.05.2009
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.