Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem ganz aktuellen Verfahren entschieden, dass kein Versicherungsschutz besteht, wenn im Rahmen einer privaten Zahnzusatzversicherung bei Beginn der zahnmedizinisch notwendigen Heilbehandlung noch kein Vertrag vorgelegen hat.
Der Kläger hatte im April 2009 seine Zahnärztin aufgesucht. Diese behandelte ihn wegen einer akuten Eiterung im Oberkiefer und überwies ihn Anfang Mai 2009 darüber hinaus in eine oralchirurgische Praxis wegen der Anfertigung eines Orthopantomogramms. Keiner der Zähne war zu diesem Zeitpunkt, wie später gutachterlich festgestellt wurde, noch tatsächlich erhaltungsfähig. Der Kläger schloss daraufhin mit der nunmehr beklagten privaten Krankenversicherung eine Zusatzversicherung über Versicherungsschutz bei Zahnbehandlungen (Zahnzusatzversicherung). Vertragsbeginn sollte Juli 2009 sein, eine Wartezeit von acht Monaten wurde vereinbart. Im Frühjahr 2010 informierte die Zahnärztin den Kläger über die verschiedenen Möglichkeiten der Anfertigung von Prothesen und stellte zudem eine entsprechende Indikation für eine Versorgung mit standardmäßig verwendeten Implantaten fest. Die Kosten hierfür sollten 25.000 Euro betragen, welche der Kläger im Weiteren selber trug, aber von der beklagten Versicherung im Wege der Erstattung nunmehr - gemäß der Versicherungsbedingungen - die Hälfte der Summe erstattet verlangt.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen.
Es komme, so das Gericht, für die Beurteilung der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliege, nicht darauf an, wann der Auftrag für eine Behandlung erteilt werde. Vielmehr sei entscheidend darauf abzustellen, zu welchem Zeitpunkt die behandlungsbedürftige Krankheit selbst eingetreten sei. Die Heilbehandlung beginne mit der ersten Inanspruchnahme einer ärztlichen Tätigkeit, also bereits mit der ersten ärztlichen Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abziele. Es komme nicht darauf an, ob danach - aus welchen Gründen auch immer - sofort oder erst später eine Diagnose gestellt werde und eventuelle Therapiemaßnahme eingeleitet würden.
Hier sei der Versicherungsfall schon vor Eintritt des Versicherungsschutzes eingetreten. Dies erkenne man schon daran, dass sich der Kläger im Mai 2009 wegen einer akuten Vereiterung des Oberkiefers habe behandeln lassen müssen. Diese stehe im direkten Kontext mit der folgenden Behandlungsbedürftigkeit, sei also ein Teil von ihr.
Kommentar: Das Urteil ist zu kritisieren. Es ist stark zu bezweifeln, dass sich Behandlung in derart zusammenhängende Komplexe einteilen lassen, wie es vom OLG Karlsruhe angenommen wird. Wer eine solche Beurteilung zudem im Voraus treffen soll, bleibt schleierhaft. Es kann nicht einem Gericht obliegen, stets im Nachhinein anhand aufwendiger medizinischer Gutachten eine solche Frage zu klären. Dies ist lebensfremd und steigert allein die entstehenden Kosten immens. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof in der anhängigen Revision entscheidet.
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Veröffentlicht am
08.07.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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Urheber
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