Das Bundessozialgericht hat in einer Entscheidung dargelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Off-Label-Use von einzelnen Medikamenten bei pulmonaler Hypertonie (hier: CREST-Syndrom) möglich ist.

Die Klägerin begehrte die Versorgung mit dem seinerzeit in Deutschland nur für die Buerger-Krankheit zugelassenen Medikament Iloprost/Ilomedin ®, da sie an einer sekundären pulmonalen Hypertonie (Erhöhung des Mitteldrucks der Lungenarterie) des höchsten Schweregrades als Folge eines CREST-Syndroms litt. Diese Krankheit führt unbehandelt im Durchschnitt innerhalb von 2,8 Jahren ab Diagnosestellung zum Tode. Die Kosten, die von der Klägerin zunächst selbst übernommen wurden, betrugen rund 13.000 Euro. Nachdem sich die Krankenkasse weigerte, zog zunächst sie und nach ihrem Tod ihre Tochter durch sämtliche Instanzen. Die vorliegende Entscheidung des Bundessozialgerichts unterstreicht die allgemeinen Voraussetzungen für einen sog. Off-Label-use. Darunter wird der zulassungsüberschreitende Einsatz eines Arzneimittels verstanden, insbesondere bei der Anwendung eines zugelassenen Arzneimittels außerhalb der von den nationalen oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete. Das Urteil kommt zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Es handelt sich jedoch um eine Einzelfallentscheidung.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in vorherigen Verfahren, auf die der erkennende Senat verweist, komme die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet grundsätzlich nur in Betracht, wenn es 1.) um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn 2.) keine andere Therapie verfügbar sei und wenn 3.) aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann.

Die Versicherte habe an einer schwerwiegenden Erkrankung im Sinne der ersten Voraussetzung gelitten. Allerdings könne nicht jede Art von Erkrankung den Anspruch auf eine Behandlung mit dazu nicht zugelassenen Arzneimitteln begründen, sondern nur eine solche, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebe. Denn der sogenannte Off-Label-Use bedeute, Arzneimittel ohne die arzneimittelrechtlich vorgesehene Kontrolle der Sicherheit und Qualität einzusetzen, die in erster Linie Patienten vor inakzeptablen unkalkulierbaren Risiken für die Gesundheit schützen solle. Die zweifellos lebensbedrohliche sekundäre pulmonale Hypertonie bei CREST-Syndrom entspreche diesen Anforderungen.

Jedenfalls die dritte Voraussetzung für einen Off-Label-Use sei jedoch nicht erfüllt: Aufgrund der Datenlage bestehe keine hinreichend begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Nach Auffassung des Gerichts könne von hinreichenden Erfolgsaussichten dann ausgegangen werden, wenn Forschungsergebnisse vorlägen, die erwarten ließen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Dies sei der Fall, wenn entweder (a) die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt worden sei und Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht worden seien und eine klinisch relevante Wirksamkeit bei vertretbaren Risiken belegt worden sei oder (b) außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht worden seien, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zuließen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne bestehe.

Dies könne bei jedem Medikament nur im Einzelfall entschieden werden. Hier musste es jedoch verneint werden. Kontaktieren Sie mich in Ihrem Fall gerne umgehend, damit wir prüfen können, inwieweit ein Off-Label-Use in Ihrem Fall möglich ist.

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Veröffentlicht am

24.04.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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