Das Sozialgericht Gießen hat in einer ganz aktuellen Entscheidung dargelegt, dass ein Küchenchef einer Kantine einen Anspruch auf ein höherwertiges Hörgerät hat, weil er in seinem Beruf auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen ist. Das Urteil lässt sich auf zahlreiche andere Verfahren - auch anderer Berufsgruppen - übertragen.
Der Kläger ist schwerbehindert und seit dem Jahr 2011 als Küchenleiter in einer Kantine beschäftigt. Er leidet an erheblicher Schwerhörigkeit, wobei diese rechtsseitig fast 100 Prozent beträgt und linksseitig jedenfalls 30 Prozent. Seine Krankenkasse erklärte sich bereit, Kosten für ein einfaches Kassenmodell eines Hörgerätes in Höhe von 553,50 Euro zu übernehmen. Dieser Betrag entsprach dem zwischen der Krankenkasse und des Bundesinnung der Hörgeräteakustiker ausgehandelten Vertrag, nach dem die Kosten für ein einfaches Hörgerät geregelt wurden, da durch ein solches im Alltag regelmäßig ausreichendes Hören ermöglicht werden kann. Hiergegen ging der Kläger vor und forderte von der Rentenversicherung die Kostenübernahme für ein höherwertiges Hörgerät, das seinen Ansprüchen im Umfeld seines Arbeitsplatzes genügen solle. Andernfalls sei seine Erwerbsfähigkeit gefährdet. Er benötigte ein digitales Hörgerät, um sein Umfeld in der Küche ebenso wie die Signale von Geräten wahrnehmen zu können. Den Antrag auf Kostenübernahme für das Hörgerät, das 2900 Euro kosten sollte, lehnte die Rentenversicherung jedoch ab. Nach erfolglosem Widerspruchverfahren erhob er sodann Klage.
Das Sozialgericht Gießen gab der Klage statt und verpflichtete den Träger der Rentenversicherung zur Zahlung des vollen Anschaffungspreises. Der hinzugezogene Sachverständige, ein HNO-Arzt, stellte in seinem Gutachten fest, dass das Kassenmodell nicht geeignet sei, die Behinderung des Klägers ausreichend auszugleichen. Der Kläger sei in seinem beruflichen Umfeld vielmehr umfassend darauf angewiesen, gut zu hören und die unterschiedlichsten Geräusche wahrzunehmen. Dies sei hier jedoch umso schwerer, als der Kläger viele unterschiedliche Geräusche wahrnehmen müsse, die die Vielschichtigkeit der Tätigkeit mit sich bringen würde. Das Hören in einem solchen Umfeld könne nur durch das teurere Gerät geleistet werden. So sah es auch das Gericht, das sich den Ausführungen des Gutachters anschloss. Der Kläger sei ohne das höherwertige Hörgerät nicht in der Lage, seinen Beruf adäquat auszuüben. Allgemein lasse sich formulieren, dass ein solches Hörgerät immer dann notwendig sei, wenn ein Versicherter in seinem Beruf auf eine besonders gute Hörfähigkeit angewiesen sei. Dass er das Gerät auch im privaten Kontext nutzen könne und insoweit besser gestellt sei als andere, spiele keine Rolle.
Das Urteil lässt sich insoweit auch auf andere Berufsgruppen übertragen und kann so auch in anderen Verfahren Bedeutung erlangen. Kontaktieren Sie mich bei Fragen gerne.
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Veröffentlicht am
24.10.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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