Das Landessozialgericht Hessen hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entschieden, dass ein Geschäftsführer einer Familien-GmbH grundsätzlich versicherungspflichtig im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ist.
Der Kläger gründete im Jahr 1990 gemeinsam mit seiner Frau und seinem Schwiegervater eine GmbH im Maschinenbaugewerbe. An dem Stammkapital der Gesellschaft von 150.000 DM hielten der Kläger und seine Frau jeweils 16,67 Prozent, der Schwiegervater 66,67 Prozent. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren alle Gesellschafter als Geschäftsführer zur Alleinvertretung befugt und von der Beschränkung des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch befreit. Zu bestimmten Geschäften, wie der Aufnahme von Krediten, der Übernahme von Bürgschaften sowie dem Abschluss sämtlicher Verträge, aufgrund derer Verpflichtung für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr entstanden, war die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen. Der Kläger schloss zeitgleich mit der Gründung mit der GmbH einen Geschäftsführervertrag, worin u.a. bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, ein festes Monatsgehalt, Gewinntantiemen und eine betriebliche Altersversorgung vereinbart wurden. Hierbei wurde die monatliche Vergütung des Klägers als Betriebsausgabe der GmbH verbucht.
Nach Ausscheiden aus der Gesellschaft stellte die zuständige Einzugsstelle fest, dass der Kläger für den Zeitraum seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH versicherungspflichtig sei und insoweit Nachzahlungen auf ihn zukommen würden.
Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Gericht abgelehnt. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht. Insoweit müsse § 7 Sozialgesetzbuch 4 als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setze eine Beschäftigung in diesem Sinne voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Im Rahmen einer Gesamtabwägung seien unter Berücksichtigung dieser Grundsätze alle Gesichtspunkte des Einzelfalls einander gegenüberzustellen.
Bei den Organen juristischer Personen, zu denen auch Geschäftsführer einer GmbH gehören, sei eine abhängige Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer gelten, im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern der Gesellschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen und in der Regel keinen Weisungen Dritter bezüglich Zeit, Art und Ort ihrer Arbeitsleistung unterliegen würde. Daher sei grundsätzlich davon auszugehen, dass bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH ebenso wie bei Gesellschafter-Geschäftsführern mit Minderheitsbeteiligung an der Gesellschaft eine abhängige Beschäftigung vorliege. Eine Ausnahme sei davon nur dann zu machen, wenn der Betroffene aufgrund seines Kapitaleinsatzes in der Lage sei, ihm nicht genehme Entscheidungen der Gesellschaft zu verhindern oder sein tatsächlicher Einfluss auf die Gesellschaft größer sei als der ihm aufgrund seines Geschäftsanteils an sich zustehende Einfluss. Eine solche Konstellation würde hier jedoch gerade nicht vorliegen, da der Kläger lediglich 16,67 Prozent am Stammkapital halte, ohne dass für ihn eine Sperrminorität vorgesehen war. Im Übrigen spreche auch die Zustimmungsnotwendigkeit der Gesellschafterversammlung für wichtige Geschäfte gerade gegen einen erheblichen Einfluss des Klägers.
Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 30.09.2010.
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Veröffentlicht am
06.02.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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