Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass ein Schwerstpflegebedürftiger einen Anspruch auf Versorgung mit dem o. g. Bewegungstrainer hat, soweit dieser insbesondere im Rahmen eines konkret notwendigen Therapieplans für eine gezielte Versorgung im Sinne des Behandlungsziele des § 27 Sozialgesetzbuch 5 erforderlich ist und somit der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient.

Der Kläger leidet an den Folgen einer Aortenklappenentzündung mit nachfolgender Sepsis und Hirnblutung und ist schwerstpflegebedürftig nach Pflegestufe 3. Er beantragte die Kostenübernahme für den Bewegungstrainer Motmoed Viva 1 ™ für Arme und Beine, wobei dem Antrag eine entsprechende ärztliche Verordnung sowie ein Kostenvoranschlag beigefügt waren. Er führte insbesondere aus, der Bewegungstrainer fördere den Muskelaufbau und habe bei einer dreiwöchigen Testphase bereits zu Verbesserungen der körperlichen Ausdauer geführt. Zudem sei es zu Fortschritten in der Kraftentfaltung gekommen, sodass mittlerweile ein fast selbständiger Transfer vom Bett zum Rollstuhl und auch längeres Sitzen im Rollstuhl möglich sei.

Die Krankenkasse lehnte nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) eine Übernahme gleichwohl ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der allgemeine Muskelaufbau insbesondere bei bestehender Pflegestufe im Rahmen der aktivierenden Pflege und der krankengymnastischen Übungsbehandlung zu erreichen sei. Es bestünden zudem erhebliche Zweifel, dass der Kläger das Gerät tatsächlich dauerhaft zielgerichtet einsetzen könne.

Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht in der Berufung haben den Anspruch des Klägers bejaht. Die Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln bestimme sich nach § 33 Sozialgesetzbuch 5. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder anderweitig ausgeschlossen sind. Anspruch auf Versorgung besteht nur, soweit das begehrte Hilfsmittel ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet.

Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich im hier streitigen Verfahren um ein Hilfsmittel, das zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung erforderlich ist. Grundsätzlich würden Maßnahmen oder Hilfen zur Bewegungsförderung nur ausnahmsweise in die Leistungszuständigkeit der Krankenkassen fallen. Der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung diene ein bewegliches sächliches Mittel nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch dann, wenn es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Ein spezifischer Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 5 komme insoweit nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die eine gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 5 als erforderlich anzusehen sind. Davon sei bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung – wie hier mit dem Bewegungstrainer – zumindest dann auszugehen, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie habe, die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördere oder die Behandlungsfrequenz infolge der eigenen Betätigung geringer ausfallen könne.

Die Versorgung sei schließlich zum Zwecke der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung entgegen der Ansicht der Beklagten auch erforderlich, denn ebenso wirksame, aber wirtschaftlich günstigere Alternativen als das Training mit dem Bewegungstrainer Motomed Viva 1 ™ stehen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zur Verfügung. Soweit die Beklagte meint, die dem Kläger gewährte Krankengymnastik und Ergotherapie seien hier ausreichend, verkenne sie die Schwere der Erkrankung des Klägers sowie ferner, dass die durch das begehrte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung die gewährten Heilmitteltherapien wesentlich fördere.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.03.2011.


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Veröffentlicht am

27.04.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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