Wie das Bundessozialgericht entschieden hat, haben schwerhörige Versichte einen Anspruch auf die Versorgung mit einer Lichtsignalanlage, soweit diese insbesondere derart beweglich ist, dass sie bei einem Umzug mitgenommen werden kann und soweit diese nicht sonst der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dient

In wesentlicher Übereinstimmung mit der Vorinstanz geht das Bundessozialgericht davon aus, dass es sich bei einer Lichtsignalanlage für Schwerhörige um ein Hilfsmittel im Sinne von § 35 Absatz 1 Satz 1 Variante 3 Sozialgesetzbuch 5 handelt, das dazu dient, die vorliegende Behinderung der Klägerin auszugleichen. Diese leidet an einer hochgradigen, an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit. Dabei stuft das Gericht die Lichtsignalanlage als ein Hilfsmittel ein, das einen sogenannten mittelbaren Behinderungsausgleich herbeiführen kann, also geeignet ist, die Auswirkungen der Behinderung auf die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu beseitigen oder zumindest abzumildern. Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums.

Die Lichtsignalanlage ist zur Verwirklichung eines solchen Grundbedürfnisses nach Auffassung des Gerichts erforderlich. Das selbstständige Wohnen sowie das Kommunizieren mit anderen Menschen gehöre zu diesen Grundbedürfnissen. Es gehe dabei um die passive Erreichbarkeit durch Menschen aus dem Bereich der Außenwelt nicht nur für angemeldete, sondern gerade auch für spontane Besuche.

Darüber hinaus hat das Gericht aber dargestellt, dass die Lichtsignalanlage nicht derart mit dem Wohnraum des Anspruchsberechtigten verbunden sein darf, dass diese nicht mehr herausgelöst werden kann. Sofern dies im Einzelfall einmal zutreffen sollte, wäre lediglich ein Anspruch gegen die Pflegeversicherung auf Verbesserung des Wohnumfeldes denkbar, welcher aber aufgrund des Selbstbehalts für den jeweiligen Versicherten insoweit ungünstiger wäre.

Schließlich dürfe die Lichtsignalanlage auch nicht in sonstiger Weise der Anpassung des individuellen Umfeldes an die Bedürfnisse des behinderten Menschen dienen. Dies könnte dann der Fall sein, wenn etwaige Hilfsmittel konkret auf die individuelle Wohnsituation zugeschnitten sind und gerade wegen dieser besonderen Wohnsituation benötigt werden. Diese Eigenschaft hat die Lichtsignalanlage jedoch im streitigen Verfahren nicht, da aufgrund der nahezu aufgehobenen Hörfähigkeit der Klägerin diese auch in keiner anderen Wohnung eine Türklingel oder ein Telefon akustisch wahrnehmen könnte.

Urteil des Bundessozialgerichts vom 29.04.2010.


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Veröffentlicht am

11.12.2010

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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