Das Sozialgericht Aachen hat entschieden, dass das Anlegen eines Stützkorsetts auch im Falle von festgestellter Pflegebedürftigkeit der häuslichen Krankenpflege und folglich der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen ist.
Vielfach ist es für Laien schwierig, das Verhältnis von einzelnen sozialrechtlichen Leistungen auseinander zu halten. Eine wesentliche Abgrenzung ist so zum Beispiel die zwischen häuslicher Krankenpflege nach dem Sozialgesetzbuch 5 und der Pflege, die nach Feststellung der Pflegestufe im Sozialgestzbuch 11 gewährt wird.
Im hier zugrundeliegenden Fall leidet die Klägerin u.a. an beginnender Demenz und Osteoporose, hat bereits mehrere Wirbelkörperspontanfrakturen erlitten und ist mit einem orthopädischen Wirbelsäulenstützkorsett versorgt, welches sie nicht selbts anlegen kann. Insoweit ist für sie in der gesetzlichen Pflegeversicherung durch ordnungsgemäßes Verfahren nunmehr Pflegestufe 1 festgestellt worden.
Für das Anlegen des Korsetts benötigte sie Hilfe, die durch einen ambulanten Pflegedienst erbracht wurde und nach gewisser Zeit mit 1000,40 Euro zu Buche schlug. Diese Kosten verlangte sie von ihrer Krankenversicherung zurück, die eine solche Übernahme ablehnte und sie auf ihre bestehenden Ansprüche aus der gesetzlichen Pflegeversicherung verwies (Pflegestufe 1).
Das Stützkorsett diene nach sicherer Auffassung des Gerichts dazu, die Verschlimmerung des orthopädischen Krankheitsbildes der Klägerin zu verhüten und ihre dadurch bedingten Krankheitsbeschwerden zu lindern. Es ist also zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung im Sinne von § 37 Absatz 2 Satz 1, 1. Halbsatz in Verbindung mit. § 27 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 5 erforderlich. Allein der Umstand, dass der Hilfebedarf beim Anziehen des Stützkorsetts bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigen sei und auch berücksichtigt worden ist, stehe einem Anspruch auf häusliche Krankenpflege für diese Verrichtung nicht entgegen. Dies folge aus § 37 Absatz 2 Satz 1, 2. Halbsatz Sozialgesetzbuch 5. Diese Regelung mache auch nach der eindeutigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts deutlich, dass verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen zur häuslichen Krankenpflege gehören. Dies ergebe sich nicht zuletzt aus der amtlichen Begründung des Gesetzes.
Der Klägerin wurde daher ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für den ambulanten Pflegedienst gewährt.
Bei Fragen zu einem ähnlich gelagerten Fall oder bei anderen Abrenzungsproblemen, kontaktieren Sie mich gerne.
Sozialgericht Aachen, Urteil vom 13.09.2011.
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
24.10.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.