Der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen hat eine gesetzliche Krankenkasse in einem kürzlich entschiedenen Fall dazu verpflichtet, eine blinde Klägerin mit einem Barcode-Lesegerät mit digitaler Sprachausgabe (sog. Einkaufsfuchs) auszustatten.

Die mit ihrem Ehemann zusammen wohnende Klägerin ist mit einem Blindenlangstock und einem Blindenvorlesegerät mit Braillezeile und Farberkennungssystem versorgt. Ihre Augenärztin hatte ihr den Einkaufsfuchs verordnet, mit dem ein Blinder oder Sehbehinderter selbstständig Einkäufe tätigen und bei der häuslichen Vorratshaltung erkennen kann, welche Lebensmittel zum Verbrauch anstehen.

Die zuständige gesetzliche Krankenversicherung hatte die Kostenübernahme abgelehnt, da der Einkaufsfuchs der Klägerin nur in besonderen Lebenssituationen helfe, ihre Sehfähigkeit zu ersetzen, und die zu erwartenden Kosten in Höhe von etwa 2.500,- Euro nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dessen Nutzen stünden. Sie könne als Krankenkasse daher unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht verpflichtet werden, die Klägerin mit diesem Hilfsmittel zu versorgen.

Das Landessozialgericht hat dieser Auffassung widersprochen und das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts bestätigt, das die gesetzliche Krankenkasse zur Leistung eines Einkaufsfuchses an die blinde Klägerin verurteilt hat. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Versicherte habe einen Anspruch auf Versorgung mit diesem Hilfsmittel, denn der Einkaufsfuchs diene der Wahrnehmung eines Grundbedürfnisses im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Zwar muss nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zwischen den Kosten und dem Gebrauchsvorteil eines Hilfsmittels eine begründbare Relation bestehen. Das Landessozialgericht hat jedoch betont, dass damit keine zusätzliche Kosten-Nutzen-Erwägung gemeint ist, die zusätzlich zum Erfordernis der umfassenden Einsetzbarkeit des Hilfsmittels bzw. des Gebrauchsvorteils bei einem Grundbedürfnis anzustellen sei. Dies könne allenfalls in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Da der Einkaufsfuchs es der Klägerin aber überhaupt erst ermöglicht, selbstständig einzukaufen bzw. sich im eigenen Haushalt zu orientieren, hat die gesetzliche Krankenversicherung die Klägerin mit diesem Hilfsmittel zu versorgen.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29.01.2010


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Veröffentlicht am

02.02.2010

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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