Im Bereich des Zahnersatzes gehören implantologische Leistungen grundsätzlich nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Lediglich bei bestimmten, in der sog. "Behandlungsrichtlinie" vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) näher beschriebenen Ausnahmeindikationen, kommt daher die Kostenübernahme für Zahnimplantate in Betracht.

Zusätzlich zu einer Ausnahmeindikation ist erforderlich, dass eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate aus zahnmedizinischen Gründen nicht möglich ist.

Hierauf hat die 13. Kammer des Sozialgerichts Aachen, unter dem Vorsitz von Richter am Sozialgericht Irmen, in einer am 01.02.2011 verkündeten Entscheidung hingewiesen und die Klage eines Contergan-Geschädigten auf Übernahme implantologischer Leistungen abgewiesen. Zwar ist die Kammer dem Vortrag des Klägers gefolgt, dass die konkrete Erforderlichkeit einer Zahnbehandlung zumindest auch und nicht unwesentlich auf die Conterganschädigung zurückzuführen ist. Durch die Missbildung der oberen Extremitäten ist die normale Greiffunktion der Arme und Hände erheblich beeinträchtigt; diese Behinderung versuchen derart Contergangeschädigte dadurch auszugleichen, dass sie sich verstärkt ihrer Zähne (z.B. beim Öffnen von Flaschen) bedienen. Aufgrund der conterganbedingten Missbildung ist es dem Kläger unmöglich, einen herkömmlichen herausnehmbaren Zahnersatz zu handhaben. Gleichwohl, so die Richter, komme eine Übernahme der Kosten durch die GKV nicht in Betracht, da es nach den klaren Vorgaben der Behandlungsrichtlinie eben nur darauf ankomme, ob aus zahnmedizinischen Gründen eine prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich sei. Der grundsätzliche Ausschluss implantologischer Leistungen im System der GKV sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach Auffassung der Richter könne die Lösung solcher Fälle daher nicht im Rahmen der beitragsfinanzierten GKV erfolgen. Wenn Personen wie der Kläger aufgrund ihrer conterganbedingten Missbildung Folgeschäden (hier: der Zähne) erleiden würden, habe möglicherweise der Staat aufgrund der von ihm eingegangenen Verpflichtung eine Ausweitung der Leistungen der "Conterganstiftung für behinderte Menschen" oder aber andere steuerfinanzierte Lösungen in Betracht zu ziehen.

Gegen das Urteil des Sozialgerichts ist Berufung beim Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Essen eingelegt worden.

(Sozialgericht Aachen, Urteil vom 01.02.2011, S 13 KR 235/10)

Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Aachen vom 15.03.2011.


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Veröffentlicht am

15.03.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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