Oberschenkelamputierte haben Anspruch auf eine technisch hochwertige prothetische Versorgung. Ob ein microprozessorgesteuertes hydraulisches Gelenk, mit dem ein variantenreiches Gehen wieder möglich sein kann, für einen Versicherten geeignet ist, muss aufgrund einer Prognose entschieden werden.
Dabei ist der Aktivitätsgrad des Betroffenen sowie seine Fähigkeit zu berücksichtigen, die technischen Möglichkeiten beim Laufen umzusetzen.
Diese Vorgaben hat das Sozialgericht Detmold im Fall des 54-jährigen Klägers bestätigt, der seit 30 Jahren mit einem Bremskniegelenk versorgt war. Die Krankenkasse konnte sich nicht darauf berufen, eine Verbesserung des Gehvermögens sei wegen der fehlenden Anpassungsfähigkeit unwahrscheinlich. Der aktive und bewegungsfreudige Kläger hat zwar auch bei einer vierwöchigen Probe mit dem teuren Gelenk nur geringfügig die technischen Möglichkeiten (alternierendes Treppensteigen, Entlastung der nichtamputierten Körperhälfte) umsetzen können. Bei fortdauerender Nutzung der hochwertigen Prothese wird jedoch ein Zuwachs an Sicherheit, eine Harmonisierung des Gangbildes und eine Verringerung des Kraftaufwandes wahrscheinlich sein.
Urteil vom 03.03.2010 - S 5 KR 307/07- (rechtskräftig)
Die Klage einer 69-jährigen Versicherten hat das Gericht jedoch abgewiesen. Trotz einer 6-monatigen Probeversorgung konnte die Klägerin nicht auf weitere Hilfsmittel beim Laufen verzichten. Sie war auch nicht in der Lage, den Einbeinstand sicher vorzuführen. Der subjektiv empfundene Sicherheitsgewinn bei der Nutzung der technisch hochwertigen Prothese allein rechtfertigt nicht die teure Versorgung, auch wenn das Hilfsmittel in möglichst weitgehender Weise die Funktion der nicht mehr vorhandenen Gliedmaße auszugleichen hat. Die Kammer sah es im Einvernehmen mit dem Sachverständigen nicht als erwiesen an, dass die Klägerin ihr von Angst und Unsicherheit geprägtes Gangbild bei dauerhafter Nutzung des C-Leg wird umstellen können. Deutliche Gebrauchsvorteile gegenüber der herkömmlichen Versorgung waren nicht erkennbar.
Urteil vom 17.02.2010 - S 5 KR 196/08 - nicht rechtskräftig – Berufung anhängig unter Az: L 5 KR 143/10.
Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Detmold vom 11.02.2011.
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Veröffentlicht am
15.02.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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