Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Verfahren entschieden, unter welchen Voraussetzungen bei einer bestehenden Mann-zu-Frau-Transsexualität eine Brustvergrößerung von der zuständigen Krankenkasse zu tragen ist.

Bei der Klägerin besteht eine primäre Mann-zu-Frau-Transsexualität. In der Vergangenheit erfolgten neben einer Hormonbehandlung insbesondere eine operative Gesichtsfeminisierung sowie eine operative Stimmanpassung. Da eine geschlechtsangleichende Genitaloperation in Rede stand, verweigerte die zuständige Krankenkasse unter Zurateziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Erstattung der ebenso begehrten Brustvergrößerung im Nachhinein, da zu erwarten sei, dass aufgrund der hormonellen Veränderungen nach Abschluss der geschlechtsangleichenden Genitaloperation ohnehin ein Brustwachstum eintreten werde. Dies stützte sie auf bestehende biologische Erkenntnisse zu diesem Themenfeld. Hiergegen richteten sich die Rechtsbehelfe der Klägerin, zuletzt die Berufung vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.

Diese hat das Gericht jedoch für unbegründet erachtet. Abgesehen von dem schon formal fehlenden Antrag im Vorfeld, die eine Erstattung nach § 13 Absatz 3 Sozialgesetzbuch 5 erst möglich mache, sei die Klage auch im Übrigen unbegründet, da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen insoweit nicht vorlägen.

Zwar mache der Befund der Transsexualität nach Aussagen des Gerichts eine außergewöhnliche rechtliche Bewertung notwendig. Zugleich wurde allerdings unterstrichen, dass es im vorliegenden Fall nicht auf den absoluten Zuwachs an Brustumfang ankommen könne, sondern eine Brustvergrößerungs-Operation nur geboten sei, wenn ein ausreichendes Brustwachstum auf anderem Wege nicht (mehr) zu erwarten sei. Bei Mann-zu-Frau Transsexualität komme damit regelmäßig eine Brustvergrößerung nur konkret in Betracht, wenn entweder die geschlechtsangleichende Operation mit der Entfernung der männlichen Keimdrüsen nicht zu einem akzeptablen Wachstum der Brüste geführt habe oder eine geschlechtsangleichende Operation gar nicht durchgeführt werden soll. Beide Alternativen hätten hier zum Zeitpunkt der Operation nicht vorgelegen. Insoweit war die Operation zu diesem Zeitpunkt zur Geschlechtsanpassung noch nicht erforderlich, vielmehr hätte es insoweit eines Abwartens bedurft.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.02.2011.


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Veröffentlicht am

08.03.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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