Das Landessozialgericht Hamburg hat unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entschieden, inwieweit die Kosten für eine Brustkorrektur durch sog. „Lipofilling“ von der zuständigen Krankenkasse zu übernehmen sind.
Der Kläger unterzog sich im Jahr 2004 bei einer transsexuellen Entwicklung einer geschlechtsangleichenden Operation von Frau zu Mann. Im Jahr 2006 erfolgte wegen einer Dellenbildung im Brustbereich eine Korrektur durch sog. Lipofilling, die von der beklagten Krankenkasse vollumfänglich übernommen wurde. Unter sog. Lipofilling versteht man ein in der Medizin anerkanntes Verfahren zum Auffüllen von Gewebedefekten durch frei verpflanzte eigene Fettzellen. Im Mai 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten sodann eine erneute Behandlung der Brust durch Lipofilling, da sich wiederum Dellen gebildet hätten, die insbesondere bei einer Bewegung der Arme sichtbar seien. Ein gutachterlicher Befund des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ergab jedoch, dass es sich um eine unauffällige männliche Brust handele und kein entstellender oder krankhafter Befund erhoben werden könne. Gegen die im Folgenden abgelehnte Erstattung der entstandenen Kosten richteten sich die geltend gemachten Rechtsbehelfe, zuletzt die Berufung vor dem Landessozialgericht Hamburg.
Diese wurde vom Gericht jedoch für unbegründet erachtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf die der Senat Bezug genommen hat, sei unter einer Krankheit ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Gesundheitszustand zu verstehen, der ärztlicher Behandlung bedürfe und/oder Arbeitsunfähigkeit zur Folge habe. Ein solcher Zustand sei beim Kläger gleichwohl nicht gegeben. Er sei nicht in maßgeblichen Körperfunktionen beeinträchtigt. Darüber hinaus liege auch keine körperliche Auffälligkeit mit entstellender Wirkung vor, die darüber hinaus eine Übernahme rechtfertigen würde. Dafür müsste die Deformierung der Brust bereits bei einer flüchtigen Begegnung derart auffallen, dass daraus für den Betroffenen untragbare Reaktionen zu befürchten sind. Eine solche Beeinträchtigung liege hier aber gerade nicht vor, wie sich aus den vorliegenden Gutachten und vorgelegten Fotos ergebe. Diese zeigten eine normale männliche Brust ohne erkennbare Dellen oder Hautfalten. Selbst wenn sich bei bestimmten Bewegungen Dellen bilden sollten, handele es sich hierbei nicht um eine Entstellung, die einem unbefangenen Beobachter sofort auffallen würde und die insoweit notwendigerweise einer Korrektur bedurft hätte. Der männliche Brustbereich unterliege in seiner äußeren Erscheinung vielmehr einer großen Variationsbreite hinsichtlich seiner Form und Größe, sodass eine behandlungsbedürftige Entstellung nur bei einer gravierenden, sofort auffallenden Abweichung angenommen werden könne.
Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.
Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 02.02.2011.
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Veröffentlicht am
05.03.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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