Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Urteil vom 01.03.2017 sehr eindrücklich dargestellt, unter welchen Voraussetzungen in der Krankentagegeldversicherung von Berufsunfähigkeit ausgegangen werden kann. Das Gericht stellte in diesem Fall fest, dass die Krankentagegeldversicherung des Klägers zum Versicherungsschein Nr. .../... unbeendet sei und fortbestehe und verurteilte die beklagte Versicherung, an den Kläger 58.464,00 Euro zuzüglich Verzugszinsen zu zahlen.

OLG Hamm, Urteil vom 01. März 2017 – 20 U 65/14::
Berufsunfähigkeit liegt gem. § 19 Abs. 1 lit b Satz 2 RB/KT 2009 vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Maßstab ist der zuletzt ausgeübte Beruf (Prölss/Martin/Voit Prölss/Martin/Voit, VVG 29. Aufl. 2015, § 15 MB/KT, Rn. 23; OLG Stuttgart, Urteil vom 06. August 2015 - 7 U 49/15 -, Rn. 24 f, juris). 50%-ige Erwerbsunfähigkeit bedeutet dabei, dass die berufliche Belastbarkeit auf unter 50 % gesunken sein muss, dass also der übliche Arbeitsanfall nach medizinischer Beurteilung nicht mehr zu 50 % bewältigt werden kann. Die Formulierung "auf nicht absehbare Zeit" verdeutlicht, dass die Feststellung der Berufsunfähigkeit eine Prognose voraussetzt. Lässt sich voraussagen, dass der Versicherungsnehmer irgendwann wieder erwerbstätig sein kann, liegt keine Berufsunfähigkeit vor, und zwar auch dann, wenn der Zeitpunkt der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit offen ist (Prölss/Martin/Voit aaO, Rn. 24). Berufsunfähigkeit "auf nicht absehbare Zeit" setzt keinen endgültigen oder unveränderlichen Zustand voraus, es ist im Hinblick auf die Wiedererlangung der Berufsfähigkeit auch nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt abzustellen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2010 - IV ZR 163/09 -, BGHZ 186, 115-130, Rn. 30; entgegen Senatsurteil vom 11. Dezember 1996 - 20 U 134/96 -, Rn. 23, juris). Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit besteht demnach nur dann, wenn nach aller Erfahrung trotz Einsatzes aller medizinischen Mittel mit einer Wiedererlangung der Berufsfähigkeit überhaupt nicht zu rechnen ist oder sich jedenfalls auf Grund der relativ geringen Heilungschancen nicht absehen lässt, ob der Versicherungsnehmer jemals wieder berufsfähig sein wird (Prölss/Martin/Voit aaO, Rn. 24).
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
06.07.2018
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Bildnachweis
© Rechtsanwalt Köper
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.