In der privaten Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldversicherung kann es bei einer REHA-Maßnahme Probleme mit der Versicherung geben, wenn man in einer sog. "gemischten Krankenanstalt“ behandelt wurde und der Versicherer die Kostenübernahme nicht vor Beginn der REHA zugesagt hat. Hintergrund sind kundenunfreundliche Klauseln im Vertrag.

Das Landgericht Bonn hatte 2013 beispielsweise über den Fall einer Versicherten entschieden, die für ca. 6 Wochen in einer Fachklinik für Psychosomatik, psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren behandelt worden war. Die Klinik bot sowohl klassische Krankenhausbehandlungen als auch Reha-Behandlungen an.

Die Versicherte hatte eine Krankenhaustagegeldversicherung abgeschlossen. Nachdem sie in die Klinik stationär aufgenommen worden war, verweigerte die Versicherung die Zahlung des Krankenhaustagegelds unter Hinweis auf "§ 4 Absatz 5 der Versicherungsbedingungen". Danach sei die Zahlung des Krankenhaustagegeldes in einer "gemischten Krankenanstalt" davon abhängig , ob der Versicherer "vor Beginn der Behandlung die Zahlung schriftlich zugesagt" habe. Gegen diese Ablehnung ging die Versicherte gerichtlich vor.

Klage in beiden Instanzen abgewiesen

Nach Ansicht der Gerichte sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Instanz, war die Ablehnung der Versicherung angeblich rechtmäßig. Es handele sich bei der Klinik, in der die Versicherte behandelt worden sei, um eine „gemischte Krankenanstalt“. Das ergebe sich schon aus dem Internetauftritt der Klinik. Die Versicherte hätte vor der Behandlung die schriftliche Leistungszusage der Versicherung einholen müssen, was sie nicht getan habe.

Es komme auch nicht darauf an, ob die unterschiedlichen Behandlungen, also die klassischen Krankenhausbehandlungen und die Reha-Behandlungen, in baulich voneinander getrennten Gebäuden durchgeführt würden. Maßgeblich sei allein das Erscheinungsbild der jeweiligen Klinik nach außen.

Die Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sei auch nicht als sog. „Überraschende Klausel“ im Sinne des § 305c Bürgerliches Gesetzbuch unwirksam. Danach sind Klauseln unwirksam, die „so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders [hier also die Versicherten] mit ihnen nicht zu rechnen braucht". Es sei doch, so das Gericht,„allgemein bekannt, dass in den Krankenversicherungen zwischen Heilbehandlungen und sonstigen Behandlungen differenziert“ werde.

Solche Klauseln seien auch nicht etwa unwirksam, weil sie die Versicherten im Sinne des § 307 Bürgerliches Gesetzbuch „unangemessen benachteiligen“. Die „Einholung einer Zahlungszusage im Vorfeld der Behandlung“ sei für die Versicherten schließlich „verhältnismäßig geringfügig“.

In ähnlicher Weise haben für die Versicherer auch bereits andere Gerichte entschieden, beispielsweise das Oberlandesgericht Hamm 2012. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat 1998 eine solche Klausel in der Krankentagegeldversicherung hingegen für überraschend und damit unwirksam gehalten. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Klausel in der Krankenhaustagegeldversicherung in einer Entscheidung aus dem Jahr 1981 für wirksam gehalten und diese Meinung in einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 jedenfalls nicht revidiert. Für den Bereich der Krankentagegeldversicherung liegt keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor.

K r i t i k

Die Klauseln sowohl in der Krankenvoll-, Krankenhaustagegeld- und Krankentagegeldversicherung, man müsse sich vor der Behandlung in einer „gemischten Krankenanstalt“ erst eine Kostenzusage des Versicherers einholen, sind veraltet, versichertenunfreundlich und m.E. schlicht unwirksam, weil für einen Laien überraschend. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, bzw. Versicherte rechnet nicht mit einem solchen Vorbehalt und versteht auch nicht , was eine "gemischte Krankenanstalt" überhaupt sein soll.

Häufig ist ferner der Übergang von einer Krankenhausbehandlung in eine sog. Anschluss-REHA, beispielsweise bei einem Schlaganfall, der erst im Krankenhaus und danach in der Rehaklinik behandelt wird, nahtlos. Die Ärzte entscheiden, dass nach der Krankenhausbehandlung eine Reha-Behandlung notwendig ist und der Versicherte hält sich selbstverständlich daran. Die Überweisung erfolgt innerhalb von Tagen. Kein Mensch kommt auf die Idee, sich trotz seiner akuten Erkrankung noch schnell erkundigen zu müssen, ob es sich bei der Reha-Klinik, in die er überwiesen wird, um eine „gemischte Krankenanstalt“ handel könnte und was die Versicherung dazu sagt. Das Wort „Krankenanstalt“ findet sich in § 30 der Gewerbeordnung, die 1869 erlassen wurde. Erst recht weiß kaum einer, der sich nicht zufällig im vorhinein damit eingehend befasst und recherchiert, was eine „gemischte Krankenanstalt“ sein soll. Wer oder was wird dort "gemischt"? Selbst Juristen müssen das nachschlagen. Für den durchschnittlichen Versicherten ist ein solcher Begriff unverständlich. Es erschließt sich auch nicht, warum für den Krankenhausaufenthalt ohne Umstände gezahlt wird, bei der REHA aber vorher umständliche Anfragen und schriftliche Zusagen erteilt werden müssen. Schließlich geht es in beiden Fällen nur darum, gesund zu werden, was die Versicherung ja sogar verlangt. Die Überraschung ist umso größer, wenn Krankenhaus und Reha-Abteilung zu einer großen Klinik gehören. Es kann doch nicht sein, dass man als Versicherter von Ärzten im Krankenhaus darauf aufmerksam gemacht werden muss, dass es bei der Kostenübernahme durch die Versicherung Probleme geben könnte. Jedem Versicherten muss es als reine Kostendrückerei vorkommen, wenn die Versicherung nach einem Reha-Aufenthalt nicht zahlt, weil man in einer „gemischten Krankenanstalt“ gewesen sei und vorher nicht gefragt habe. Die Klauseln zeigen exemplarisch, wie rückständig die Versicherungswerke der privaten Krankenversicherung teilweise leider sind und wie sehr Juristen häufig das Gespür fehlt, was für „Normalbürger“ überraschend ist. Möglicherweise würde der Bundesgerichtshof bei erneuter Befassung an seiner nunmehr über 25 Jahre alten Entscheidung aus 1981 so auch nicht mehr festhalten.

P r a x i s h i n w e i s

Auf der Internetseite des Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. finden Sie eine Liste der sog. "Gemischten Krankenanstalten" (www.derprivatpatient.de). Die meisten Internetseiten der Kliniken enthalten Informationen darüber, ob es sich um eine „gemischte Krankenanstalt“ (Reha) handelt oder nicht. Im Hinblick auf die oben genannte Rechtsprechung muss anwaltlich bedauerlicherweise nach wie vor empfohlen werden, vor Antritt der REHA bei der Versicherung (idealerweise per Fax) unter deutlichen Hinweis auf die Eilbedürftigkeit anzufragen, ob die Kosten übernommen werden. Ist der Streit schon da und hat man eine Rechtsschutzversicherung, sollte vor Gericht die Unwirksamkeit der Klausel geltend gemacht werden.

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Kommentare

Kaufe keine Katze im Sack
25.03.2018, 09:55 Uhr

Also, wenn ich eine Versicherung abschließe, so sollte auch eine Versicherung dabei herauskommen, und keine Verunsicherung! Schließlich binde ich mich vertraglich zu Beitragszahlungen, und möchte ein generelles Risiko absichern. In diesem Fall, meinen Verdienstausfall und Kosten des Aufenthalts in der jeweiligen Einrichtung, die aus ärztlicher Sicht notwendig und verordnet wurde. Warum sollte ich noch eine Versicherung abschließen, wenn ich zwar vertraglich gebunden bin, die Versicherung aber jedesmal Fall für Fall erneut entscheiden darf, ob nun Kosten für beispielsweise eine Anschlußheilbahandlung, verordnet vom Arzt, übernommen werden, weil es sich um eine gemischte Einrichtung handelt? Richtig wäre, den Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages mitzuteilen, ob so etwas abgesichert ist. Damit ist man gefühlt nicht versichert! Man muss sich aber bei Vertragsabschluss sicher sein, und darauf vertrauen dürfen, dass das Risiko, welches man versichern möchte, auch bei ordentlich geleisteter Beitragszahlung versichert ist. Der Versicherer sollte da in der Pflicht sein, bekannte Eventualitäten eindeutig in den AVB zum benennen und seine Entscheidung, ob gezahlt wird oder nicht, eben vor Vertragsabschluss mitzuteilen!

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
26.03.2018, 10:13 Uhr

Vielen Dank für Ihren Beitrag. Wie oben dargestellt, halte ich die Rechtsprechung zu dieser Frage auch für veraltet und verfehlt. Wenn Gerichte, wie zuletzt etwa das Amtsgericht Bad Segeberg, Urteil vom 23. August 2012 – 17 C 240/11 –, meinen, es sei selbst für einen "Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse" erkennbar, dass und warum hier eine vorherige Zustimmung erforderlich sei, so zeigt dies nur, wie wenig manche Gerichte in der Lage sind, die "Verbraucherbrille" aufzusetzen. Leider zeigt sich auch, wie antiquiert die Versicherungsbedingungen der privaten Krankenversicherer in diesem Bereich sind. Wenn Versicherte stationär in einem Krankenhausbehandelt wurden und die Ärzte eine medizinisch notwendige Anschluss-Reha verordnen, sollte vollkommen außer Frage stehen, dass die private Krankenversicherung auch die Kosten der Anschluss-Reha trägt. Es ist unglaublich, dass die privaten Krankenversicherer sich hier unter Berufung auf eine verbraucherfeindliche Klausel und mangelnde "vorherige Zustimmung" ihrer Leistungspflicht entziehen können und die Gerichte dies auch noch unterstützen. Man stelle sich vor, so etwas geschieht nach einem Schlaganfall. Man wird stationär im Krankenhaus behandelt und soll dann (selbstverständlich!) in eine Anschluss-Reha. Und dann soll die private Krankenversicherung die Kostenübernahme verweigern dürfen? Betroffene können hier gerne ihre Erfahrungen posten und auch gerne den Namen des Versicherers nennen.

M.
30.06.2021, 13:50 Uhr

Ich war nach einem dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt im Anschluss in einer 6-wöchigen Reha. Am Ende habe ich die Aufenthaltsbescheinigung an unsere Zusatzkasse geschickt. Das Geld wurde nach einiger Zeit überwiesen. Nun, nach fast fünf Monaten fordert die Kasse einen hohen Teilbetrag zurück, da ich 1. vorher hätte wegen der Kostenübernahme hätte fragen müssen; 2. die Reha in einer gemischten Krankenanstalt stattfand und ich ja nicht weiterhin in einem Krankenhaus war, sondern in einer Reha. In Ausnahmefällen würden sie manchmal zahlen, aber nicht in diesem Fall.

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
30.06.2021, 14:06 Uhr

Sehr geehrte Frau M., vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich würde sagen, recherchieren Sie im Internet den/die Vorstandsvorsitzende/n der Versicherungsgesellschaft und schreiben Sie diese an, dass Sie sich beschweren möchten ("Vorstandsbeschwerde") , dass es doch wohl nicht sein kann, dass man nach schwerer Krankheit 5 Monate nach Abschluss einer AHB und zunächst positiver Leistungsentscheidung, auf die man selbstverständlich vertraut hat, noch mit einer solchen Rückforderung konfrontiert wird. Warten Sie dann die Antwort ab. MfG RA Köper

U.
06.10.2023, 13:22 Uhr

Hallo und erst Mal vielen Dank für den informativen Bericht. Nun habe ich noch eine weitere Frage im Leistungsfall - Krankenhaustagegeldversicherung: Bin ich verpflichtet, dem Versicherungskonzern nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus neben dem Attest über die Aufenthaltstsdauer mit Diagnoseschlüsseln auch den Entlassungsbericht des Krankenhauses zu überlassen?

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
11.10.2023, 12:26 Uhr

Herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Schauen Sie dazu bitte in Ihre Versicherungsbedingungen. Wenn der Krankenhaustagegeldversicherer aufgrund eines Krankenhausaufenthalts Leistungen zahlen soll, hat der Versicherer grundsätzlich auch das Recht, den entsprechenden Entlassungsbericht einzusehen ("Auskunft..., die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist"). Stellt der Versicherer im Nachhinein die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung, bzw. des Krankenhausaufenthalts infrage, kommt es darauf an, ob die Behandlung im Krankenhaus medizinisch vertretbar war. Ggf. muss man dazu dann noch weiter vortragen. Mit freundlichen Grüßen und alles Gute, RA Köper


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Veröffentlicht am

14.08.2014

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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