Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in einem Beschluss die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Rahmen von privaten Krankentagegeldversicherungen dargelegt. Eine solche einstweilige Verfügung ist immer dann sinnvoll und möglich, wenn der Betroffene ohne das Krankentagegeld in Existenznöte gerät.

Leistungen der privaten Krankentagegeldversicherung dienen dazu, den laufenden Lebensunterhalt des Betroffenen zu sichern, der keinen Anspruch mehr auf Erhalt seines regulären Arbeitsentgelts hat. Lehnt ein Versicherer die Erbringung der Leistungen ab, so hängt es von den finanziellen Grundvoraussetzungen des einzelnen ab, ob er noch für seinen Lebensunterhalts sorgen kann. Oftmals wird der Betroffene aufgrund zahlreicher finanzieller Verpflichtungen in eine finanzielle Notlage geraten. In diesen Fällen, in denen es nicht möglich ist, ein lange andauerndes Klageverfahren abzuwarten, kann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt werden. Soweit ein solcher Antrag begründet ist, zahlt der Versicherer vorläufig das vereinbarte Krankentagegeld oder einen Teil hiervon.

Zunächst hat das Landgericht den Maßstab für den Erlass einer einstweiligen Verfügung festgelegt. Es legt dar, dass der Anspruch auf Krankentagegeld grundsätzlich auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann. Eine solche ist möglich, wenn sie zur Abwendung einer existenziellen Notlage des Versicherten erforderlich ist. Hierbei ist zu beachten, dass es gerade darauf ankommt, wie sich die Notlage im konkreten Einzelfall darstellt. Im Wege der einstweiligen Verfügung erhält der Antragsteller nur das, was er tatsächlich aufgrund seiner Notlage benötigt. Dieser Betrag kann ggf. hinter dem eigentlichen Krankentagegeldanspruch zurückbleiben.

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht eine solche Notlage verneint, was zeigt, dass insoweit strenge Anforderungen gestellt werden. Der Kläge des Verfahrens befand sich nach Ansicht des Gerichts deshalb nicht in einer Notlage, weil er von seiner Lebensgefährten darlehensweise unterstützt wurde. Im Einzelfall ist daher genau zu prüfen, wie die konkreten Vermögens- und Unterstüzungsverhältnisse liegen.

Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 25.05.2011.

Anmerkung RA Köper: Im Bereich der privaten Krankenversicherung werden die Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Verfügung ersichtlich überspannt. Ein Vergleich zur sozialgerichtlichen Rechtsprechung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zeigt, dass die Anforderungen an die Darlegung einer finanziellen Notlage (Anordnungsgrund) dort sehr viel geringer sind, als im Bereich der privaten Krankenversicherung. Krankengeldansprüche gegen eine gesetzliche Krankenkasse sind daher deutlich einfacher durchzusetzen als Krankentagegeldansprüche gegenüber einer privaten Krankenversicherung. Ein gesetzlich Versicherter wird i.d.R. auch nicht auf den Bezug von Sozialleistungen (Sozialhilfe oder "Hartz 4") verwiesen. Privatversicherten hingegen wird dieses oft zugemutet. Es bleibt zu hoffen, dass sich die zivilgerichtliche Rechtsprechung insoweit der sozialgerichtlichen annähert. Die Interessenlagen (Versicherter - Versichertengemeinschaft) sind die gleichen. Einer Versicherung, bzw. der Versicherungsgemeinschaft ist es sehr viel eher zuzumuten, Gefahr zu laufen, Kranken(tage-)geld zu überzahlen, als einem erkrankten Versicherten, am sozialrechtlichen Existenzminimum zu leben und durch die damit verbundene zusätzliche psychische Belastung seine Genesung zu riskieren.

Foto: © iStockphoto.com/Barbara Reddoch


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Veröffentlicht am

24.05.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

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