Der Bundesgerichtshof hat in einem Verfahren über die Arbeitsunfähigkeit einer Lehrerin wegen Mobbings am Arbeitsplatz entschieden. Der BGH sprach der Klägerin einen Anspruch auf Krankentagegeld zu und machte deutlich, dass sich die Versicherte nicht auf einen anderen Arbeitsplatz verweisen lassen müsse, auch wenn dadurch ihre Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt werden könnte.
In dem entschiedenen Fall ging es um eine angestellte Gymnasiallehrerin, deren private Krankenversicherung eine Krankentagegeldversicherung mit einem versicherten Krankentagegeld in Höhe von 76,69 € pro Tag umfasste. Sie erlitt an ihrem Arbeitsplatz einen Zusammenbruch und begab sich in allgemeinärztliche und psychiatrische ambulante Behandlung. Daraufhin wurde sie wegen einer reaktiven Depression nach jahrelangem Mobbing arbeitsunfähig krank geschrieben und erhielt von ihrer Versicherung zunächst Krankentagegeld.
Im weiteren Verlauf setzte die Versicherung eine nach den Versicherungsbedingungen zulässige Untersuchung durch einen Vertrauensarzt fest. Dieser stellte dieBerufsunfähigkeit der Lehrerin fest, woraufhin die Versicherung mitteilte, die Krankentagegeldversicherung sei beendet und sämtliche Zahlungen einstellte. Hiergegen klagte die Lehrerin auf Feststellung der weiterhin bestehenden Arbeitsunfähigkeit und Zahlung des Krankentagegeldes. Nachdem das Landgericht und das Oberlandesgericht zu unterschiedlichen Auffassungen gelangt waren, musste abschließend der Bundesgerichtshof entscheiden.
Dieser gab schließlich der Klägerin Recht und kam - auch unter Einschaltung eines weiteren Gutachters - zu dem Ergebnis, dass die Lehrerin nicht berufsunfähig sei. Die Lehrerin sei nach wie vor arbeitsunfähig. Entscheidend kam es auf die Einschätzung des Gutachters an, dass die Klägerin lediglich an der konkreten Schule, an der Sie insbesondere im Lehrerkollegium Mobbing ausgesetzt war, als arbeitsunfähig einzustufen sei. An anderen Schulen unter anderen Voraussetzungen sei dies anders zu beurteilen und davon auszugehen, dass die Kläger arbeitsfähig sei. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch, dass der Maßstab für die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit einzig der bisherige Beruf in seiner konkreten Ausprägung sei. Mit Blick darauf könne die Versicherung von einer Versicherten, die durch besondere Umstände an seinem bisherigen Arbeitsplatz krank geworden sei, nicht einen Wechsel des Arbeitsplatzes, die Wahl eines anderen Arbeitsumfeldes oder arbeitsrechtliche Schritte gegen den Arbeitgeber verlangen. Dies gelte auch dann, wenn sich die Versicherte - wie die Lehrerin - am Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihr empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sehe, hierdurch psychisch und/oder physisch erkranke und infolgedessen ihre berufliche Tätigkeit nicht ausüben könne.
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Veröffentlicht am
31.08.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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