Das Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat entschieden, dass bei einem selbstständigen Viehhändler die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Leistungsanspruchs gegen die private Krankentagegeldversicherung aufgrund eines Bandscheibenvorfalls vorliegen.

Der Kläger war und ist Viehhändler und Viehtransporteur. Er erlitt im Jahr 2001 einen Bandscheibenvorfall, aufgrunddessen er sich einer Operation unterziehen musste, und war in der Folgezeit für gut anderthalb Jahre nicht in der Lage, seinen Beruf auszuüben. Da die private Krankentagegeldversicherung sich jedoch weigerte, die Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum anzuerkennen, erhob der Kläger Klage vor dem Landgericht Stendal und im Anschluss vor dem Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt auf Zahlung von 6.900,00 Euro nebst Zinsen aus der privaten Krankentagegeldversicherung.

In zweiter Instanz erhielt er Recht. Das Gericht verurteilte die Versicherung zur Zahlung der vollständigen Summe nebst Zinsen. Die Auseinandersetzung drehte sich im Kern um die Frage der vollständigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Diese sei notwendig, um entsprechende Versicherungsleistungen zu erhalten, unterstrich das Gericht. Die Arbeitsunfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne setze insoweit voraus, dass die berufliche Tätigkeit während der gesamten Dauer des Zeitraumes, für den Krankentagegeld verlangt werde, von der versicherten Person in keiner Weise ausgeübt werden könne und eine sogenannte 100 prozentige bzw. völlige Arbeitsunfähigkeit vorliege. Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser tatbestandlichen Voraussetzung sei dabei allein der von dem Versicherten konkret ausgeübte Beruf, der dem Versicherungsvertrag zugrunde liege. Eine Verweisung auf andere Tätigkeiten ist grundsätzlich nicht möglich.

Für die Beurteilung der vollständigen Arbeitsunfähigkeit in diesem konkreten Fall sei letztlich der Umstand entscheidend, dass der versicherte Beruf eines selbständigen Viehhändlers voraussetze, dass er vor Ort nach der Großviehbeschau auf dem Bauernhof die Entscheidung über den Ankauf treffe und der Preis unmittelbar mit dem Landwirt ausgehandelt werden könne. Diesen Kern der Tätigkeit könne der Kläger jedoch gerade nicht mehr ausführen und auch durch Telefongespräche mit den Landwirten über deren Verkaufsabsichten von Großvieh nicht ersetzen. Damit sei es dem Kläger nicht möglich, sein Gewerbe gewinnbringend zu betreiben. Eine Arbeitsunfähigkeit im notwendigen Sinne liege folglich vor.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.

Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10.03.2005.

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Kommentare

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
06.06.2018, 17:31 Uhr

(BGH, Urteil vom 03. April 2013 – IV ZR 239/11 –): Arbeitsunfähigkeit i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 MB/KT 2009 entfällt nicht, wenn der Versicherte lediglich zu einzelnen Tätigkeiten in der Lage ist, die im Rahmen seiner Berufstätigkeit zwar auch anfallen, isoliert aber keinen Sinn ergeben.


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Veröffentlicht am

14.08.2012

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Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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