Das Sozialgericht Bremen hat in einer wichtigen Entscheidung die Versorgung von Patienten mit Kniegelenksarthrose mit einer entsprechenden Orthese bejaht. Der Klägerin wurde die Kosten erstattet, die sie selbst zur Beschaffung aufgewendet hatte.

Die Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich krankenversichert. Sie leidet u.a. unter einer ausgeprägten medialen Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) links und einem fortgeschrittenen degenerativen Sprunggelenksschaden. Aufgrund dieser Erkrankungen ist die Klägerin auf Kosten der Krankenkasse bereits mit Einlagen und einer Schuhaußenranderhöhung versorgt. Im Weiteren begehrte sie die Versorgung mit einer sogenannten Gonarthroseorthese des Typs Artrocare OA 2 für das linke Kniegelenk. Dies wurde ihr zuvor von ihrem Arzt verordnet und folglich als medizinisch indiziert erachtet.

Auf Grundlage der sozialmedizinischen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), der zu dem Ergebnis kam, dass eine Versorgung medizinisch nicht indiziert und erforderlichenfalls eine Operation durchzuführen sei, lehnte die Krankenkasse den Antrag ab. Hiergegen richtete sich der Widerspruch und schließlich auch die Klage vor dem Sozialgericht Bremen. Letztere war nach Selbstanschaffung der Orthese auf Kostenerstattung gerichtet und hatte Erfolg.

Das Gericht entschied, dass die Krankenkasse die Versorgung zu Unrecht abgelehnt habe und folglich die Kosten erstatte müsse. Zur Begründung führte es aus, dass die Knieorthese im vorliegenden Fall der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung diene. Es genügt, wenn der therapeutische Erfolg erst angestrebt werde und es nicht nur um die Sicherung eines schon eingetretenen Heilerfolgs gehe. Daher würden alle orthopädische Hilfsmittel, z.B. Stütz- und Halteapparaturen für geschädigte Körperteile, Mieder und ähnliche Mittel auch darunter fallen. Hier diene die Knieorthese der Stabilisierung des geschädigten Kniegelenkes.

Fraglich sei insoweit einzig, ob die Orthese auch erforderlich sei. Hierbei seien zwar mehrere Gutachter zu unterschiedlichen Ergebnisse gekommen. Letztlich sei aber folgendes maßgebend: Die nunmehr bereits erfolgte Versorgung mit der Knieorthese habe nach dem Vortrag der Klägerin dieser eine erhebliche Verbesserung ihrer Lebenssituation eingebracht. Glaubhaft habe sie dargelegt, dass sie beim Tragen der Knieorthese keinerlei Schmerzen mehr im Knie verspüre. Die Klägerin müsse, seitdem sie die Orthese trage, keine Schmerzmedikamente vom Typ Ibuprofen 600 mehr einnehmen. Das Gericht halte insoweit bereits die offenbar vollständige Befreiung von Schmerzen für den wesentlichen Gebrauchsvorteil bei der Bewertung der Orthese im Vergleich zu der vorherigen, diesbezüglich offenbar im Ergebnis weniger nutzbringenden Versorgung der Klägerin. Die subjektive Komponente sei insoweit von entscheidender Bedeutung.

Kommentar: Dem Urteil ist ausdrücklich zuzustimmen. Interessant ist hierbei, dass sich das Gericht insbesondere an der subjektiven Wahrnehmung der Klägerin orientiert. Dies ist richtig und stärkt insoweit die Rechte von gesetzlich Krankenversicherten insgesamt. Kommt nämlich bei vorheriger Selbstbeschaffung das gewünschte Versorgungsergebnis heraus, lassen sich dadurch weitreichende Argumentationen für einen entsprechenden Kostenerstattungsprozess gewinnen. Wenden Sie sich bei vergleichbaren Fallgestaltungen gerne an mich.

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Veröffentlicht am

28.01.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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