Das Landessozialgericht Schleswig-Holstein hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass ein Anspruch einer Krankenkasse, der auf Rückzahlung nicht geleisteter Beiträge gerichtet ist, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwirken kann.

Der Antragsteller war bis zum 11. Mai 2009 bei seiner Krankenkasse als Bezieher von Arbeitslosengeld pflichtversichert Im Zeitraum bis Ende Dezember 2009 wurde er sodann von seiner Lebensgefährtin unterhalten und ging keiner weiteren Beschäftigung nach. Dies tat er auch seiner Krankenkasse gegenüber kund, woraufhin diese ihm mitteilte, dass er kein Kunde mehr bei ihr sei und die Versichertenkarte zurückzugeben habe. Nachdem er diesem Begehren der Krankenkasse gefolgt war, begann der Antragsteller, ab Ende Dezember als Gewerbe einen Würstchenstand zu betreiben. Im Juni teilte er dies der Krankenkasse mit und gab ihr gegenüber eine Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 Sozialgesetzbuch 5 ab. Darin teilte er mit, er verfüge seit Dezember 2009 über Einkünfte von durchschnittlich 700 Euro monatlich. Sofern die Voraussetzunge vorlägen, solle diese Anzeige zugleich als Beitrittserklärung einer freiwilligen Versicherung gelten, die er hilfsweise beantrage. Daraufhin stellte die Krankenkasse die Mitgliedschaft bereits ab 12. Mai 2009 fest. Für diese Zeit seien Beitragseistungen für die Pflege- und Krankenversicherung in Höhe von 2.138,76 Euro rückwirkend fällig, die der Antragsteller nunmehr zu begleichen habe.

Gegen diese Rückerstattung richtet sich der Antragsteller, der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung begehrt. Diesem Begehren hat das Landessozialgericht Schleswig-Holstein stattgegeben. Es führt aus, dass zwar nach seiner Auffassung eine Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 Sozialgesetzbuch 5 bestanden habe und somit dem Grunde nach tatsächlich ein Rückforderungsanspruch bestehe. Dieser sei aber unter Anwendung des Grundsatzen von Treu und Glauben nach § 242 Bürgerliches Gesetzbuch verwirkt. Das Gericht führt in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgericht aus, dass im Rahmen der Verwirkung die Beitragszahlungspflicht entfällt, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechtes während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles die verspätete Geltendmachung des Rechts dem Versicherten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche Umstände lägen hier vor. Die Krankenkasse habe es ab Mai 2009 unterlassen, die Beiträge für die Versicherung des Antragstellers nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 Sozialgesetzbuch 5 einzufordern. Dies hätte der Krankenkasse aber spätestens im Dezember bekannt sein müssen, als der Antragsteller seine Lebensumstände schilderte. Zudem konnte der Antragsteller aufgrund der Rückforderung der Versichertenkarte auch davon ausgehen, dass eine Versicherungspflicht und damit eine Beitragspflicht für ihn nicht mehr bestand.

Nach Auffassung des Gerichts widerspreche es bei dieser Sachlage darüber hinaus der Wechselbeziehung von Beitragspflicht und Leistungsansprüchen, im Übrigen aber auch dem ebenso im Sozialrecht geltenden Grundsatz des venire contra factum proprium, wenn die Krankenkasse für diesen Zeitraum Beiträge beanspruchen könnte.

Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.11.2010


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Veröffentlicht am

23.12.2010

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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