Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat geurteilt, dass in besonders schwerwiegenden Fällen von Adipositas eine sofortige Magen-Bypass-Operation geboten sein kann. Die Kosten für eine solche hat die gesetzliche Krankenversicherung zu übernehmen.

Die 1960 geborene Klägerin wog im Mai 2007 bei einer Körpergröße von 165 cm 173 kg. Neben der seinerzeit schon seit mehr als 20 Jahren bestehenden Adipositas leidet die Klägerin an einem Zustand nach einer Lungenkrebserkrankung sowie arthrotischen Beschwerden des gesamten Bewegungsapparats, einem Asthma bronchiale sowie Depressionen. Zur Gewichtsabnahme durchgeführte ambulante Therapieversuche sowie Kurmaßnahmen in den vergangenen Jahren, psychologische Behandlungen und zuletzt die Teilnahme an einem Intensivkurs zur Ernährungsumstellung mit Betreuung (Wake up/Trennkost) blieben ohne dauerhaften Erfolg. Daraufhin beantragte sie bei ihrer Krankenkasse unter Vorlage eines medizinischen Gutachtens die Übernahme der Kosten für eine Magen-Bypass-Operation.

Grundsätzlich bedürfen Eingriffe in eigentlich gesunde Körperorgane einer entsprechenden Rechtfertigung. Eine solche mittelbare Krankenbehandlung ist nur dann ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich, wenn sie nach Art und Schwere der Erkrankung, Dringlichkeit der Intervention sowie nach Abwägung der Risiken und des zu erwartenden Nutzens der Therapie sowie etwaiger Folgekosten für die Krankenversicherung gerechtfertigt ist. Nach diesen Maßstäben kommt eine chirurgische Behandlung der extremen Adipositas zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur in Betracht, wenn nach dem zum maßgeblichen Zeitpunkt der Durchführung der Operation aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für einen chirurgischen Eingriff in ein gesundes Körperorgan gegeben waren.

Grundsätzlich ist eine solche Operation nur als ultima ratio anzusehen. Die überarbeiteten "Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie - Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CA-ADIP) - "Chirurgie der Adipositas" (Stand April 2010)" sehen nunmehr jedoch auch eine primäre, vorrangige Indikation für einen solchen Eingriff vor. Lassen Art und Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale Gegebenheiten bei Erwachsenen annehmen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist, kann in Ausnahmefällen auch primär eine chirurgische Therapie durchgeführt werden. Ob dies vorliegt, muss im Einzelfall sehr genau geprüft und begründet werden. Das Gericht hat dies jedoch für den vorliegenden Fall bejaht und dem Kläger die Kostenübernahme durch seine Krankenversicherung zugesprochen.

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Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.10.2011.


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Veröffentlicht am

24.02.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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