Das sächsische Landessozialgericht hat bereits 2016 zur Frage der Kostenübernahme einer gesetzlichen Krankenkasse für die Behandlung eines zuvor Nichtversicherten, mittellosen Patienten wichtige Rechtsprechungsgrundsätze aufgestellt.

Krankenhaus Notaufnahme

Die Leitsätze der Entscheidung lauten:

Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. Mai 2016 – L 8 SO 139/13: 1. Im Rahmen eines Vergütungsrechtsstreits zwischen Krankenhaus und Krankenkasse ist vom Gericht inzident zu prüfen, ob der behandelte Patient krankenversichert war (hier: nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V). Einer vorherigen Klärung des Versicherungsverhältnisses durch eine Statusentscheidung der Krankenkasse gegenüber dem potentiell Versicherten bedarf es nicht. (Rn.28) 2. Eine iS des § 52a S 1 SGB V missbräuchliche Inanspruchnahme des Versicherungsschutzes nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V kann nicht darin erblickt werden, dass ein mittelloser Deutscher mit einer schwerwiegenden, akutbehandlungsbedürftigen Erkrankung nach Deutschland zurückkehrt, um diese Erkrankung dort behandeln zu lassen. (Rn.36) (Rn.41) 3. Ein Krankenhaus kann seinen Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse vor der Rechnungserteilung mangels Fälligkeit nicht gerichtlich durchsetzen. (Rn.42) 4. Eine vom Krankenhaus dem versicherten Patienten erteilte Rechnung vermag die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses gegen die Krankenkasse nicht zu begründen.

Insbesondere der vierte Punkt zur Rechnungsstellung und Fälligkeit ist von entscheidender Bedeutung für die Praxis. Das Gericht führt hierzu aus:

Grundvoraussetzung für die Fälligkeit des krankenversicherungsrechtlichen Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses ist eine Abrechnung, d.h. eine gegliederte Aufstellung über die Forderung des Krankenhausentgelts, die formal ordnungsgemäß ist. Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Behandlung nach Maßgabe seiner Informationsobliegenheiten und -pflichten, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf. ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen, voraus (BSG, Urteil vom 21.04.2015 - B 1 KR 10/15 R - juris RdNr. 10 m.w.N.). Genügt das Krankenhaus mit der Abrechnung seinen Informationsobliegenheiten und -pflichten, setzt die Fälligkeit der Entgeltforderung weiterhin den Zugang der Abrechnung beim Schuldner voraus. Dies ist nicht der versicherte Patient, den das Krankenhaus behandelt hat, sondern aufgrund des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Naturalleistungsprinzips die Krankenkasse, bei der der Patient versichert ist (näher dazu Wahl in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl. § 109 RdNr. 133 ff.; siehe auch BSG, Urteil vom 17.12.2013 - B 1 KR 52/12 R - juris RdNr. 8; Urteil vom 28.02.2007 - B 3 KR 12/06 R - juris RdNr. 15). Die Rechnung ist vom Krankenhaus der Krankenkasse erteilt, wenn sie vom Krankenhaus an die Krankenkasse gerichtet und ihr zugegangen ist, also auf Tätigwerden des Krankenhauses an die Krankenkasse gelangt ist.

Daraus folgt die Empfehlung für die Praxis in den Krankenhäusern: Teilt ein "unversicherte" Patienten auf die Frage, bei welchem privaten oder gesetzlichen Krankenversicherer er zuletzt versichert gewesen sei mit, er sei gesetzlich versichert gewesen, bestreitet aber die kontaktierte Krankenkasse eine dortige Versicherung, sollte die Rechnung über die Krankenhausleistungen nicht nur dem Patienten selbst, sondern unbedingt auch an die angegangene gesetzliche Krankenkasse gerichtet und um "Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides" zur Übernahme der Behandlungskosten gebeten werden. Liegt keine Versichertennummer vor, sollte die Abrechnung (mit Zugangsnachweis) per Post, idealerweise vorab per Fax, übermittelt werden. Einer maschinellen Übermittlung bedarf es in diesen besonderen Fällen nicht. Erforderlichenfalls kann dann anschließend die Forderung des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse anwaltlich und/oder gerichtlich geltend gemacht werden.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei solchen streitigen Leistungsfällen die Abrechnung immer an alle in Betracht kommenden Kostenträger zu übersenden, d.h. den Patienten privat, die letzte bekannte gesetzliche Krankenkasse und ggf. den örtlich zuständigen Sozialhilfeträger. Letzterer kann dann in einem später ggf. notwendigen sozialgerichtlichen Klageverfahren gegen die Krankenkasse beigeladen werden. Ärgerlich wäre es nur, wenn dann die Klage - wie hier geschehen - schließlich an der Übersendung einer ordnungsgemäßen Leistungsabrechnung scheitert. In dem vorgenannten Fall war ursprünglich der Sozialhilfeträger verklagt und im Laufe des Klageverfahrens dann die Krankenkasse beigeladen worden, die das Gericht nur wegen einer leider zuvor versäumten Rechnungsstellung an die Krankenkasse nicht zur Zahlung verurteilen konnte.


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Veröffentlicht am

22.02.2019

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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