Das Landessozialgericht Hamburg hat entschieden (Urteil vom 25.09.2013), dass die Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln zur Ausübung der beruflichen Tätigkeit nicht zwingend eine Arbeitsunfähigkeit begründet.

In dem entschiedenen Fall ging es um einen 1958 geborenen Kläger der 2009 und 2010 als Leiter im Formenbau eines Unternehmens beschäftigt war. Wegen Erkrankungen im Schulterbereich (Diagnosen: Tendinitis calcarea, Impingement-Syndrom) war er ab 1. Oktober 2009 arbeitsunfähig und bezog nach dem Ende der Entgeltfortzahlung Krankengeld von der beklagten Krankenkasse.

Die Krankenkasse ließ den Fall des Klägers vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) "nach Aktenlage", d.h. ohne persönliche Untersuchung des Klägers prüfen. Nachdem der MDK der Krankenkasse mitgeteilt hatte, dass der Kläger nicht mehr arbeitsunfähig sei, sondern wieder arbeiten könne, teilte die Krankenkasse mit Bescheid vom 15. Juli 2010 mit, dass sie das Krankengeld nur noch bis einschließlich 19. Juli 2010 zahle.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und legte ein Attest seiner behandelnden Ärztin und seiner Physiotherapeutin vor. Den Widerspruch wies die Krankenkasse zurück, nachdem der MDK - erneut lediglich nach Aktenlage - zum Ergebnis gekommen war, dass der Kläger wieder arbeiten könne.

Im anschließenden Klageverfahren wurde Krankenkasse zunächst vom Sozialgericht zur Weiterzahlung des Krankengeldes verurteilt, da, so das Gericht, die Krankenkasse den Kläger durch den MDK hätte persönlich untersuchen lassen müssen. Der MDK habe den Falls des Klägers jedoch nur aus den Akten heraus berurteilt, was nicht zulässig sei.

Die Krankenkasse ging in Berufung und bekam schließlich vom Landessozialgericht Hamburg Recht. Das Gericht schaute sich die Arbeitsplatzbeschreibung des Klägers an und ließ den Kläger ärztlich untersuchen.

Nach der Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers hatte der Kläger die Aufgabe, sich einen Überblick über die verschiedenen Lagerorte und den Zustand der knapp 21.000 Formen zu verschaffen und dies in der Datenbank zu dokumentieren. Besondere körperliche Anforderungen hätte es dabei nicht gegeben, vielmehr hätten die wesentlichen Tätigkeiten im Sitzen beziehungsweise im Gehen oder gelegentlich im Stehen stattgefunden.

Der vom Gericht eingeschaltete Arzt kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger diese Arbeit wegen ihrer geringen körperlichen Anforderungen trotz der Schulterbeschwerden noch ausüben konnte. Das Gericht führte weiter aus, dass die Tatsache allein, dass der Kläger noch weiter Schmerzmittel eingenommen habe, nicht zwingend eine Arbeitsunfähigkeit begründet. Auch die Tatsache, dass der Kläger vom MDK nicht persönlich untersucht worden sei, führe nicht zu einem Krankengeld-Anspruch. Eine körperliche Untersuchung durch den MDK sei keine zwingende Voraussetzung zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit. Das Gericht könne auch selbst ermitteln, ob jemand tatsächlich arbeitsunfähig sei oder nicht.

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass es sich bei diesen Gerichtsentscheidungen immer um Einzelfallentscheidungen handelt. Wenn Sie Zweifel daran haben, ob die Krankenkasse berechtigt war, Ihr Krankengeld einzustellen, lassen Sie sich anwaltlich beraten. Von entscheidender Bedeutung sind i.d.R die Anforderungen, die Ihr zuletzt ausgeübter Beruf mit sich bringt.

Foto: © Alexander Raths - Fotolia.com

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Veröffentlicht am

04.02.2014

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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