Das Sozialgericht Darmstadt hat entschieden, dass die Kosten für einen Kurs im Babyschwimmen auch dann als Teilhabeleistungen im Recht der Grundsicherung zu übernehmen sind, wenn weder das Kind noch die Mutter Mitglied in dem Verein sind, der den entsprechenden Kurs anbietet.

Der 2011 geborene Kläger lebt in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und bezieht Leistungen zur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch 2. Seine Mutter beantragte für diesen, als dieser ungefähr ein halbes Jahr alt war, die Gewährung von Teilhabeleistungen für einen neunwöchigen Babyschwimmkurs. Dieser wurde von einem eingetragenen Verein angebotenen. Die Kursgebühr betrug 45 Euro für Nichtmitglieder des Verein. Mitglieder zahlten lediglich 35 Euro, mussten jedoch zusätzlich eine Aufnahmegebühr in Höhe von 5 Euro und einen monatlichen Mitgliedschaftsbeitrag von 10 Euro aufbringen.

Die Behörde lehnte jedoch die Kostenübernahme ab und führte aus, die maßgebliche Anspruchsgrundlage des § 28 Absatz 7 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 2 erlaube nur die Übernahme von Mitgliedschaftsbeiträgen. Hiergegen richtete sich der Widerspruch und die Klage des von seinen Eltern vertetenen Klägers. Letztere hatte vor dem Sozialgericht Darmstadt Erfolg.

Ziel der Teilhabeleistungen nach § 28 Absatz 7 Sozialgesetzbuch sei es, so führt das Gericht unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung aus, bedürftige Kinder und Jugendliche stärker als bisher in bestehende Vereins- und Gemeinschaftsstrukturen zu integrieren und den Kontakt mit Gleichaltrigen zu intensivieren, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Die Teilhabe am kulturellen Leben sei demgenäß eine grundlegende Voraussetzung für die aktive Mitgestaltung des gesellschaftlichen Lebens.

Grundsätzlich sei der Tatbestand der Norm auch als abschließend zu verstehen. Es müsse jedoch beachtet werden, dass dieser schon begrifflich so offen ist, dass erhebliche Spielräume für die Einbeziehung vielfältiger Aktivitäten bestünden. Voraussetzung für die Einbeziehung sei hierbei jedoch, dass bei einem Kind unter 3 Jahren ein Elternteil daran teilnehme. Dies sei hier der Fall. Darüber hinaus dürfe die Aktivität nicht lediglich im familiären Umfeld stattfinden, sondern müsse institutionell geprägt sein, da gerade der gemeinschaftliche Charakter der Teilhabe im Vordergrund stehen müsse.

Unter diesen Voraussetzungen se der Begriff des Mitgliedsbeitrags nicht formaljuristisch in dem Sinne zu verstehen, dass nur die Mitgliedschaft in eingetragenen Vereinen und Verbänden in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit gefördert werden solle, da nur diese nach ihren Beitragsordnungen Mitgliedsbeiträge erheben können. Vielmehr sei der Begriff weit im Sinne sämtlicher Gebühren und Beiträge für institutionell organisierte Aktivitäten in den genannten Bereichen zu verstehen.

Folglich falle auch die Kursgebühr des hier streitigen Babyschwimm-Angebots darunter. Diese Kursgebühr sei insoweit zu übernehmen.

Zu beachten bleibt, dass stets im Vorfeld ein entsprechender Antrag auf Kostenübernahme gestellt werden muss.

Kommentar: Dem Urteil ist ausdrücklich zuzustimmen. Es kann keine Unterscheidung gemacht werden zwischen Kursen und Mitgliedschaften, soweit der Zweck der Teilhabe gefördert wird, der vom Gesetz vorgesehen ist. Ansonsten würden Kleinkinder, für die regelmäßig nur Kursangebote bestehen, von der Förderung ausgeschlossen. Dies kann schon von Verfassungs wegen nicht gewollt sein, da andernfalls ein Verstoß gegen Art. 3 GG droht. Es ist insoweit davon auszugehen, dass die Entscheidung in der nächsthöheren Instanz bestätigt wird.

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Veröffentlicht am

19.12.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

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