Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in einem sehr beachtenswerten Urteil entschieden, dass gesetzlich Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten oberhalb des vereinbarten Festbetrags haben können, wenn die Krankenkasse es versäumt hat, auf den Hörgeräteakustiker dahingehend einzuwirken, dass dieser das entsprechende Gerät zum Festpreis zur Verfügung stellt.
Der Kläger, der als Montagearbeiter arbeitet, litt seit Geburt unter Schwerhörigkeit. Er beantragte die Kostenübernahme für neue, dem aktuellen Stand der Technik entsprechenden Hörgeräte beim Integrationsamt, die ihm ein bestmögliches Hörverstehen auch in großen Räumen gewährleisten sollten. Das Integrationsamt erklärte sich für nicht zuständig und leitete den Antrag an den Rentenversicherungsträger weiter, sodass dieser zuständig wurde. Zwischenzeitlich hatte der Kläger nach Abzug eines von der Krankenkasse getragenen Eigenanteils 2841,12 Euro für die Hörgeräte bezahlt und verlangte ab diesem Zeitpunkt Kostenerstattung. Nach Weigerung der Zahlung zuletzt durch seine Klage vor dem Sozialgericht Osnabrück und dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.
Die Frage der Zuständigkeit der jeweils beteiligten Träger spielt für die rechtliche Lösung des Falls keine gesteigerte Rolle und soll daher außer Betracht bleiben. Für alle Betroffenen von übergeordnetem Interesse ist jedoch die Entscheidung des Landessozialgerichts in der Sache selbst.
Die Krankenkassen, so das Gericht, hätten für einen bestmöglichen Ausgleich der Behinderungen ihrer Versicherten Sorge zu tragen. Hierzu gehöre im Falle einer Hörstörung, dass diejenigen (technischen) Möglichkeiten gefunden würden, die zur bestmöglichen Kompensation führen könnten.
Der Hörbehinderten müsse im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in großen Räumen ermöglicht werden. Der Kläger könne daher nicht darauf verwiesen werden, sich Hörgeräte zum Festbetrag zu beschaffen, wie er von der Krankenkasse vorgeschrieben werde. Die Festbeträge seien nicht geeignet, einen entsprechend notwendigen Ausgleich herzustellen. Soweit es Vereinbarungen über Festbeträge gebe, so hätte die Krankenkasse die Möglichkeit gehabt, auf eine im Rahmen des Festbetrags erfolgende Versorgung des Klägers durch den Hörgeräteakustiker hinzuwirken. Dies sei auch erforderlich gewesen. Dadurch dass dies unterblieben sei, müsse die Krankenkasse den insoweit entstehenden Schaden tragen. Dies müsse dazu führen, dass der volle Anschaffungspreis übernommen werden müsse.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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Veröffentlicht am
12.09.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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